Planschi ist prima ... oder?

■ Babypflegemittel sind meist nicht das Wahre: Bäder haben den falschen Geruch, Öle stammen häufig aus der Chemie - weniger ist oft mehr

Für Babys Hautpflege werden in den einschlägigen Ratgebern für werdende Eltern meist halbe Drogeriemärkte empfohlen. In einem solchen Werk füllen allein die „wichtigsten Pflegemittel für das Baby“ bereits die abgebildete „praktische Tragetasche“. Doch beileibe nicht alles, was die Industrie entwickelt hat, tut der zarten Haut von Kleinkindern auch wirklich gut.

ÖKO-TEST hat insgesamt 40 Bäder, Öle und Pflegetücher für Babys und Kleinkinder untersucht. Das traurige Ergebnis: Zwölf von 15 Bädern enthalten hautreizende Emulgatoren auf der Basis von Polyethylenglykol (PEG) oder PEG-Derivate. In sieben der untersuchten Pflegeprodukte stecken halogenorganische Verbindungen. Diese Klasse von Chemikalien wird von den ÖKO-TEST-Wissenschaftlern abgewertet, weil viele Vertreter giftig sind oder aber Allergien auslösen können. Zwei Bäder und zwei Pflegetücher sind mit dem krebsverdächtigen Formaldehyd konserviert, drei der Plansch-Hilfen fielen wegen ihres künstlichen Moschusduftes durch. Der wird mit Nitromoschus-Verbindungen erzeugt. Und die sind in Verruf gekommen, weil mindestens ein Vertreter dieser Stoffgruppe bei Mäusen nachweislich Krebs auslöst.

Auch Öle und Pflegetücher sind nicht immer gut fürs Kind. Das Öl stammt häufig nicht von Pflanzen, sondern wird aus Erdöl gewonnen. Der Einsatz von solchen synthetischen Stoffen ist zudem überflüssig und hat Nachteile. Weil ihr Ölfilm weniger Wasserdampf durchläßt als der von natürlichen Ölen, können sich Schweiß und Wärme in der Haut stauen. Angeblich imprägniert das Paraffin die Kinderhaut gegen Urin, doch wer will den Säugling darin schon lange liegen lassen? Obendrein setzen drei Firmen BHA/BHT-Verbindungen ein. Auch diese verursachen Allergien und können im Tierversuch Mißbildungen beim Nachwuchs auslösen.

Ob all die Bäder, Öle und Tücher, mit denen die Babyhaut gepflegt werden soll, überhaupt sinnvoll sind, ist inzwischen ohnehin die Frage. Was wirklich gebraucht wird, hängt nicht zuletzt davon ab, wie oft die Säuglinge gewaschen werden.

In älteren Ratgebern wird das tägliche Bad noch empfohlen. Doch inzwischen haben die Mediziner den Waschzwang aufgehoben. Professor Otwin Linderkamp empfiehlt nur alle zwei Tage ein Bad. Er leitet in Heidelberg die Neugeborenen-Abteilung der Universitätsklinik. Sein Heilbronner Kollege, Professor Hansjörg Cremer, geht sogar noch weiter. Höchstens zwei Badetage in der Woche hält er für angemessen, ist die Babyhaut besonders empfindlich, reiche sogar schon einer: „Es wird viel zuviel gebadet“, sagt Cremer, der als führender Hautfachmann unter deutschen Kinderärzten gilt.

Das häufige Baden greift die Haut an. Das weiß auch die Industrie und wirbt deshalb für ihre Kinderbäder mit dem Argument, sie könnten den angegriffenen Schutzmantel der Haut wieder reparieren. Einfacher und besser ist es, ihn gar nicht erst durch ständiges Baden zu zerstören.

Dann braucht man den Sprößling auch nicht mit einem der vielen Öle einzuschmieren, die in den Drogerieregalen auf Väter und Mütter warten. Ständiges Einölen führe zur „Pomadenkruste“, einer gutartigen Hautveränderung, sagt Professor Cremer. Normale Haut „pflegt sich selbst“.

Jochen Paulus