■ Soundcheck: Cunnie Williams / Sarband
Gehört: Cunnie Williams. Angesichts einer immer künstlicheren Umwelt greift die private Sehnsucht nach dem unverbrauchten, authentischen Musiker um sich. Hier Pavement in der Markthalle, am Mittwoch Cunnie Williams im Mojo Club. In beiden Fällen ausverkaufte Hallen und eine Welle der Begeisterung, die den netten Jungs, in die Starrrolle gedrängt, fast etwas peinlich quittierten. Verblüfft zeigte sich Williams, als das Publikum stürmisch eine vierte Zugabe forderte, wo das „Hoch aus dem Norden“ doch längst das ganze Repertoire seines Funk&Soul-Debuts Coming From The Heart Of The Ghetto mit belegter Stimme aber überraschend sicher vorgestellt hatte. Und so fing er erneut von vorne an. Wie ein großes Kind freute sich der 204-cm Hühne mit dem durchtrainierten Körper eines Profi-Basketballers, grüßte hier einen Freund, sang bereitwillig Geburtstagsständchen, spielte ein wenig Luftgitarre und verstand bei alledem die Aufregung nicht, die um ihn gemacht wird. Mit seinem Volleyball-T-Shirt, das ironisch alle medialen Fixierungen als „Singender Basketballer“ unterlief, blieb Williams stets der kreuzgute Kerl von nebenan, manchmal etwas linkisch, aber immer unprätentiös. Auch seine 7-köpfige Begleitband aus Chocolate City in Hannover, die das Charisma einer Schulband zu Tage legte, blickte verstohlen auf den Boden oder widmete sich den präzisen Soulschmankerln, die 20 Jahre Studioentwicklung außen vor ließen und mit Fender Rhodes und Vibraphon den „ehrlichen“ Sound der 60er auferstehen ließ. Der wahre Klare.
Volker Marquardt
Heute abend: Sarband. Das Münchner Ensemble Sarband beschäftigt sich seit Jahren mit der Musik des Mittelalters und den musikalischen Übergängen zwischen Orient und Okzident. Unter der Leitung von Vladimir Ivanoff, der auch den Volksmusik-Hit Le Mystere Des Voix Bulgares produzierte, hat das Ensemble jetzt Kompositionen aus dem 14. Jahrhundert ausgegraben, die im Kloster Montserrat bei Barcelona gefunden wurden. Die Pilgerlieder, die zwischen Gregorianik und volkstümlichen spanischen Melodien liegen, wurden mit dem Osnabrücker Jugendchor eingespielt und als Llibre Vermell de Montserrat veröffentlicht. Das heutige Konzert ist verbunden mit einem ökumenischen Gottesdienst und dem Wunsch der Veranstalter nach Völkerverständigung. Dennoch sollte man sich die bizarr-schöne Musik nicht entgehen lassen, welche die komplexe Mystik des Mittelalters gefangen hält.
St. Petri-Kirche, 19 Uhr
Außerdem: Release-Party von Dub Me Ruff im Powerhouse. tlb
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