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Lebensnerv getroffen

■ Handelsverbot bringt niedersächsische Schweinebauern an den Rand des Ruins

Plötzlich ist die Arbeit weg, die wirtschaftliche Existenz erscheint gefährdet, das Lebenswerk zerstört. Mutlosigkeit macht sich breit bei Niedersachsens Bauern, die von dem am Mittwoch verfügten Handelsverbot der Europäischen Union (EU) zur Eindämmung der Schweinepest betroffen sind. „Die Depression lähmt den Arbeitswillen. Das ist das eigentliche Problem, nicht die zu erwartenden Geldnöte“, sagt Clemens Hölscher, ein 40 Jahre alter Jungbauer und Schweinemäster aus dem Ort Bakum im Landkreis Vechta.

Gegen die „Zerstörungsstrategie der Brüsseler Agrarbeamten“ fühlt nicht nur er sich ohnmächtig und von den Politikern im Stich gelassen. Hölscher wettert heftig gegen das EU-Handelsverbot mit lebenden Schweinen aus Niedersachsen. Diese Anordnung sei keine Maßnahme zur aktiven Bekämpfung der grassierenden Schweinepest, sondern eine Methode, die deutschen Erzeuger nachhaltig vom Markt zu verdrängen. Die Schlachthöfe im angrenzenden Nordrhein-Westfalen etwa würden zu 60 Prozent mit niedersächsischen Schweinen beliefert. „Und wenn unsere Tiere ausbleiben, suchen die sich andere Handelspartner“, sorgt sich Bauer Hölscher.

Holländische, belgische und französische Züchter stehen nach Ansicht der Landwirte im Weser-Ems-Gebiet schon in den Startlöchern. Die Kapazität der niedersächsischen Schlachthöfe reiche zwar aus, um die im Lande gemästeten Schweine zu schlachten, glaubt Hölscher. Doch für die produzierten Fleischberge müßten Absatzmärkte gesucht werden, und damit könnten die Erzeuger wegen ihrer Notlage zu ruinösen Preissenkungen mißbraucht werden, fürchtet der Jungbauer. „Das trifft unseren wirtschaftlichen Lebensnerv, das stehen viele nicht durch“, meint Hölscher.

Nach Angaben des Landvolkverbandes sind gut 40.000 Schweinehalter unmittelbar von dem umstrittenen EU-Beschluß betroffen. Einen Ausweg aus dem Dilemma sieht Wilhelm Bruns, Geschäftsführer des 2.200 Mitglieder starken Vechtaer Kreislandvolksverbandes, nur in der Impfung aller Tiere in den Zucht- und Mastbetrieben. Bruns verweist auf die Impferfolge bei „Pestzügen“ der Vergangenheit. Auch eine Änderung der bisherigen Entschädigungsregelung könne helfen.

Bruns plädiert im Seuchenfall für einen großräumigen Sperrbezirk. Der Landwirte-Funktionär will die Tötung des jeweils befallenen Schweinebestandes garantieren, aber zugleich die Vermarktung der gesunden Tiere erlaubt wissen. „Pest-Betriebe“ dürften nach ihrer Desinfizierung sechs Monate lang keine Schweine aufstallen, mit Ausnahme der im Sperrbezirk geborenen gesunden Ferkel. Eine Entschädigung aus der „Tierseuchenkasse“ könne es nur geben, wo tatsächlich keine Mästung möglich gewesen sei, sagt Bruns.

Doch Clemens Hölscher sieht eine Hinwendung der „Eurokraten“ zur Schutzimpfung nur dann, „wenn denen das Geld für die Entschädigung ausgegangen ist“. Der 40jährige ist pessimistisch: „Das Problem löst sich dann, wenn man uns plattgemacht hat. Denn wo keine Schweine mehr sind, gibt es auch keine Schweinepest.“

Heinrich Heeren/dpa

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