Der einsame Schrei aus dem Betonklotz

■ Kurioser Polizeistreit um die Strukturreform „Bürgernähe“ Von Kai von Appen

Die einen schäumen, die andern auch: Der Bund deutscher Kriminalbeamter (BdK) giftet gegen angebliche Pläne von „Polizeiimperialisten“ der Schutzpolizei, nach denen die „Kripo“ „entmachtet“ werden soll. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist entzürnt über den BdK, weil die Äußerungen „erstunken und erlogen“ seien.

Der konservative BdK meldete sich gestern über das Abendblatt zu Wort. Das BdK-Sprachrohr wußte zu berichten, daß unter dem Deckmantel von Sparmaßnahmen die Kripo degradiert werden solle. Nach Angaben von BdK-Sprecher Frank Morgenroth gibt es Pläne, dem Landeskriminalamts-Chef Wolfgang Sielaff neben Polizei-Chef Heinz Krappen noch einen weiteren „Schutzpolizisten“ vor die Nase zu setzen.

Besonderer Stein des Anstoßes ist aber die geplante Strukturreform. Die acht Kriminalkommissariate sollen aufgelöst, als „Sachgebiete“ in die Revierwachen eingegliedert werden. Innenbehördensprecher Wolfgang Lüdtke: „Auch die Polizei muß sparen. Das ist einer von vielen Vorschlägen. Aber nicht jeder Vorschlag wird verabschiedet.“ Ein endgültiger Beschluß soll am 18. April fallen.

Für Morgenroth wären derartige Reformen eine Katastrophe: „Kriminalistischer Sachverstand geht verloren. Das hätte auch enorme Auswirkungen auf die Aufklärungsquote.“ GdP-Boß Lothar Bergmann dagegen: „In allen westeuropäischen Demokratien arbeiten Schutzpolizei und Kripo gemeinsam unter einem Dach.“ In der Tat: Selbst Kojaks Abteilung befindet sich in einem normalen Revier, nur ein Treppchen trennt die Kriminalisten von den Uniformierten.

Bergmann erinnert überdies daran, daß die strikte Trennung Kripo/ Schutzpolizei noch ein Relikt aus der Nazidikatur sei, als Reichspolizei und Reichssicherheitshauptamt getrennt wurden: „Damals hatte die Kriminalpolizei aber auch eine ganz andere Aufgabe.“

Morgenroth hält einen Alarmschei für notwenig: „Die Maßnahmen gehen allein zu Lasten der Kriminalpolizei.“ Der GdP-Boß hält die Panikmacher der BdKler völlig unangebracht. „Die strenge Spartenaufteilung bleibt. Natürlich bleibt eine Mordkommission bestehen, die besonders geschultes Personal braucht.“ Bergmann stellt aber die Frage, warum die Kripobeamten, die in der alltäglichen Verbrechenskämpfung tätig sind (Diebstahl, Raub), fernab vom Geschehen in einem Betonklotz sitzen müssen? Bergmann: „Zusammenarbeit, um Räuber zu fangen, findet vor Ort statt.“

Der GdPler verweist darauf, daß schließlich 80 Prozent der Kriminalfälle durch Bürgerhinweise, 15 Prozent der Fälle durch Vorermittlungen der Schutzpolizei und nur fünf Prozent der Straftaten durch Eigenermittlung der Kripo aufgeklärt werden. Und auch Sielaffs Rüffel ist deftig: „Die Äußerungen des BdK-Sprechers sind völlig unangemessen und diskreditierend. Sie sind geeignet, das vertrauensvolle Zusammenwirken der Schutz- und Kriminalpolizei zu beeinträchtigen.“