■ Rosi Rolands wahre Geschichten: Kniesel: die Heilsarmee war schuld
Zumindest in einer Frage sind sich Innensenator Friedrich van Nispen und sein nach nur neunmonatiger Dienstzeit vor zwei Wochen gefeuerter Ex-Staatsrat Michael Kniesel völlig einig: „Der Fall ist für mich erledigt“, sagt der eine, „das Kapitel Bremen habe ich inhaltlich abgehakt“ der andere. Und tatsächlich scheinen sich van Nispen mit seinem neuen Staatsrat Volker Hannemann und Kniesel mit der Rückkehr in sein Heimatstädtchen Königswinter pudelwohl zu fühlen. Schon fast vergessen ist van Nispens öffentlicher Vorwurf, Kniesel sei als Staatsrat zu faul, und dessen interne Erwiderung, Bremen sei für die Umsetzung seiner weitreichenden Reformkonzepte einfach zu provinziell gewesen. Doch bevor sich das Dunkel der Geschichte endgültig über diese Episode legt, soll hier nochmal kurz die Taschenlampe darauf gerichtet werden.
Van Nispen und Kniesel sind beide FDP-Mitglieder, ein Parteienstreit steckt nicht hinter ihrem Zerwürfnis. Aber sie sind beide auch ehrgeizig genug, nicht nur ihre Eier zu legen, sondern dabei auch laut zu krähen. Und so waren die verschiedenen Stimmlagen schnell auch öffentlich zu hören: Während der eine mit viel Polizei die offene Drogenszene von der Straße vertreiben wollte, erklärte der andere genau dies für falsch. Die Polizei solle lieber von der Verfolgung drogenabhängiger Kleindiebe ablassen und sich dafür intensiv auf die Suche nach den Großdealern machen. Doch das hätte van Nispen schnell sein Image als Saubermann zerstört. Schließlich ist das öffentliche Barometer seines Erfolgs die Kriminalstatistik. Und nichts treibt die maßloser in schwindelerregende Höhen, als die alltägliche Beschaffungskriminalität.
Ähnlichen Zündstoff barg die Polizeireform für das Führungspaar im Innenressort. Hatte doch van Nispen gerade erst vor der Übermacht des sozialdemokratisch-gewerkschaftlichen Machtkomplexes resigniert und die dringend überfällige Neuordnung an die Forderung nach 1.000 neuen Stellen geknüpft. Da konnte er kaum hinnehmen, daß Kniesel sich unter Reform vor allem die Abschaffung aufgeblähter Polizei-Hierarchien vorstellte und statt neuer Stellen die Umwandlung von Kontroll- in Ausführungsfunktionen, von Innen- in Außendienst forderte.
Doch den Funken an die Bombe hat schließlich die Heilsarmee gelegt. Denn während sich van Nispen für die Vertreibung ihrer Suppenküche von der Sielwallkreuzung ins Zeug legte, erklärte sich Kniesel für die „Detailfrage“ schlicht unzuständig. Kein Wunder, daß van Nispen da explodierte, meint Rosi Roland
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