Schick mit Bauch?

■ Unter diesen Umständen: Im braven Pastell-Look zur Fete?

Mit versonnenem Blick sitzt eine junge Frau im romantischen Trägerkleid aus zartem Chiffon und Mille-fleurs-Muster vor einem lodernden Kamin. Die drapierte Schale mit knackig roten Äpfeln zwischen den angewinkelten Beinen und vor der nicht zu übersehenden Bauchrundung signalisieren Natürlichkeit und stilles Mutterglück.

Auch dieser aktuelle Modetip der „einfach schönen Umstandsmode zum Bestellen“ in einer der einschlägigen Zeitschriften für werdende Eltern kann nicht darüber hinwegtäuschen: Die Umstandsmode fristet ein äußerst tristes Mauerblümchendasein; Coutouriers scheint die Phantasie in diesem Fall zu verlassen.

Aber glücklicherweise ist der schwangere Umstand nicht von Anfang an ein Problem für die Mama in spe. Mit Phantasie wird die Jeans notbehelfsmäßig mit Sicherheitsnadeln und Hosenträgern am Körper gehalten. Geschickt geknotete Jacken um den Bauch, aber auch Schärpen und große Taschen ermöglichen es, ohne finanziellen Aufwand das Bäuchlein neckisch zu kaschieren. Doch ab dem siebten Monat zwingt der stetig zunehmende Bauchumfang zu einer Neuorientierung in puncto Outfit. Spätestens wenn sich zum wachsenden Bauch die Einladung zu einem tollen Fest gesellt, drängt sich frau die Frage auf „Was zieh' ich bloß an?“ Schließlich will frau ja nicht nur im ausgeleierten Schlabberdress unter all den Schönen der Nacht herumschlurfen. Naheliegend und bequem ist der Blick in den Katalog „Mode für Schwangere“ der Herbst-Winter- Kollektion 93/94. Doch: Oh weh, dröge Ödnis! Das Design scheint auf einen bestimmten Frauen(Mutter-)Typ ausgerichtet: Bunte, fröhliche Farben, liebliche Blumen- und Herzchenmuster, lustige Bärchen- und andere Tierapplikationen stehen Pate für das ohnehin positive Grundgefühl, das jede werdende Mutter auszustrahlen scheint. Auch die Jagd nach Avantgardistischem aus „mitwachsendem Material“ in den pränatalen Abteilungen der Kaufhäuser entpuppt sich als wenig interessant. Meist integriert in die Kinderabteilung hängt einsam ein spärliches, pastelliges Schwangerenangebot. Praktisch und bequem sind sie ja, die bügelgefalteten, elastischen Hosen mit Kordelzug und die dehnbaren Tulpenröckchen aus Baumwolle und Rippeneinsatz am Bauch. Auch die Bewegungs- und Hautfreundlichkeit der „maternity“-bedruckten Shirts ist unbestritten. Aber soll Frau so zur Fete gehen? Da bleibt nur eins: Mut zum eigenen Stil. Ein prüfender Blick auf den schwangeren Teil der Bevölkerung zeigt auch, daß nicht die biedere Umstandsstangenware den Bauch der Schwangeren ziert, sondern daß vielmehr der kreative Umgang mit XL-Größen sowie Selbstentworfenes und -genähtes das Schwangerenoutfit prägen. Carola Braun