Erste Tests an verseuchtem Haus

■ Nachbargebäude am Mariannenplatz 22 wird auch untersucht / Leiterplattenfabrik war nicht angemeldet

Die Verseuchung des Kreuzberger Gebäudekomplexes Wrangelstraße 4/Mariannenplatz 23 hat erste personelle Konsequenzen nach sich gezogen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen zuständigen Sachbearbeiter aus der Senatsbauverwaltung, der für die Behandlung der Altlasten auf dem Grundstück zuständig war. Wie Petra Reetz, Sprecherin der Senatsverwaltung, bestätigte, wurde der Arbeitsvertrag des Betroffenen „im Vorfeld der Ermittlungen aufgehoben“. Sein Büro wurde zwecks Dokumentensicherung polizeilich versiegelt.

Der Projektbeirat, in dem Verwaltung, ExpertInnen und MieterInnen über Sanierungsmöglichkeiten beraten sollen, hat inzwischen die Arbeit aufgenommen. BehördenvertreterInnen und Experten dominieren, Wohn- und GewerbemieterInnen haben nur beratende Stimme.

Wie deren Vertreter Per Lüke mitteilte, wurde auf der letzten Sitzung bekannt, daß die Leiterplattenfabrik, die die schwermetallhaltigen Abfälle im Keller hinterlassen hat, beim Kreuzberger Wirtschafts- und Gewerbeamt nicht registriert war. Martina Beykan, Leiterin des Kreuzberger Umweltamtes, hält es für denkbar, daß deswegen eine korrekte Gewerbeaufsicht nicht möglich war.

Nächste Woche beginnen auf dem Grundstück Tests mit einem neuartigen Gerät, das im Hof und im Flur die Quecksilberwerte der Luft messen wird. Beykan berichtete dem Umwelt- und Gesundheitsausschuß, daß auch das Nachbargebäude Mariannenplatz 22 in die Untersuchungen einbezogen werden soll.

Bei den Proben in Hausnummer 23 und Wrangelstraße 4 sollen gleich nach Ostern Staubablagerungen auf Gehalt an Brom, Arsen, Thallium und andere Schwermetalle hin untersucht werden. Einzelne Wohnungen würden einbezogen, doch primär sollen die Gutachterfirmen ATD und ITU in den Treppenhäusern messen. So sei die Ausbreitung der Schadstoffe besser zu erfassen und zu stoppen. „Man schleppt's sonst immer wieder mit rein“, so Beykan.

„In einer Bürgerversammlung werden wir Mitte Mai die fertigen Werte vorstellen“, kündigte sie an. Daß dann eine Evakuierung angeordnet werden muß, mochte sie „nicht hundertprozentig ausschließen“.

Der Frage, ob die Schwermetalle über das Wasser in bewohnte Gebäudeteile eingedrungen sind, soll erst in einem zweiten Untersuchungsschritt nachgegangen werden. Kreuzbergs Baustadtrat Gerhard Engelmann (CDU) wies darauf hin, daß eine solche Untersuchung nicht mehr durch die 40.000 Mark zu finanzieren sei, die der Bezirk bisher dafür zur Verfügung gestellt hat.

Auf einer Versammlung beschlossen die BewohnerInnen am Montag, von sich aus weitere ärztliche Untersuchungen machen zu lassen. „Das übernimmt die Krankenkasse“, informierte Lüke, der seit Jahren mit Gesundheitsschäden durch Schwermetalle zu kämpfen hat. „Die zahlen doch lieber jetzt eine Untersuchung als in zehn Jahren eine ganze Krebstherapie.“ Matthias Fink