CDU-Mitglieder driften nach rechts ab

■ Vertreter der Jungen Union wollen „volkskonservative Führung“ / CDUler hält DVU-Kontakte / Dank von Frey

Die Runde, die sich Anfang dieser Woche in der Kanzlei des Rechtsanwalts und CDU-Abgeordneten Ekkehard Wruck traf, staunte nicht schlecht. Für eine „starke nationale volkskonservative Führung in einem modernen demokratischen Staat“ und eine „angemessene, überparteiliche deutsche Justiz“, gegen die „herrschende opportunistische Mentalität“ und den „moralischen Verfall“ lauteten einige der Kernsätze, die an diesem Abend aus einem 12-Punkte-Programm vorgelesen wurden.

Verantwortlich zeichneten nicht etwa Herren oder Damen älteren Jahrgangs, sondern drei Mitglieder der Jungen Union (JU) Wilmersdorf. Von einem Großteil der etwa 50 anwesenden CDU- Mitglieder seien die Thesen „positiv“ aufgenommen worden, freute sich Roman Höpfner, einer der Verfasser des CDU-Nachwuchs- Papiers, gegenüber der taz. Man habe genug vom „linksliberalen Kurs“ der Mutterpartei, sei gegen die von Heiner Geißler und anderen CDU-Mitgliedern verfochtene These, die kommenden Wahlen müßten „in der Mitte“ gewonnen werden, begründete der 21jährige den rechten Vorstoß.

Nationale Programmatik scheint bei den Christdemokraten wieder gefragt. So organisierte das CDU-Mitglied Helge Drescher für die Ortsverbände Neu- und Alt- Tempelhof und Mariendorf nach Informationen des Antifaschistischen Info-Blattes eine Veranstaltung mit dem rechtskonservativen Publizisten Wolfgang Venohr. Titel des Vortrags vom 15. März: „Hat sich der Nationalstaat überlebt?“ Venohr exponiert sich seit Jahren in rechten Blättern mit Vorliebe über einen „gesunden deutschen Nationalismus“. Unterstützt wurde Drescher vom Alt- Tempelhofer Ortsvorsitzenden Peter Rzepka, der ihn in einer persönlichen Notiz beauftragte, den rechten Autor „bitte“ einzuladen.

Seit geraumer Zeit ist Drescher eifrig bemüht, über die CDU hinaus den rechten Rand zu erreichen. In der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit wirbt er regelmäßig mit Chiffreanzeigen für deren Berliner Leserkreis. Darüber hinaus unterstützt er die vom Verfassungsschutz beobachtete „Deutsche Volksunion“ (DVU). Deren Vorsitzender Gerhard Frey, der sich seiner Freundschaft mit dem russischen Rechtsextremisten Wladimir Schirinowski rühmt, dankte Drescher am 23. Februar dieses Jahres für vergangene Hilfeleistungen, wie ein der taz vorliegender Brief beweist: „Sie haben, sehr verehrter Herr Drescher, unsere gemeinsame gerechte Sache beispielgebend und vorbildlich unterstützt. Bitte helfen Sie uns auch heute durch eine im Rahmen Ihrer Gegebenheiten liegende größtmögliche Spende und durch Abonnements bzw. Patenschaftsabonnements.“

Das Vorstandsmitglied des Ortsverbandes Alt-Tempelhof hat zudem vor rund drei Jahren dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) zugearbeitet. In einer Praktikumsbescheinigung der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus vom 30. April 1991 heißt es: „Besonders hervorzuheben ist die Anfertigung eines umfangreichen Argumentationspapieres zum Thema ,Vor- und Nachteile eines einheitlichen Landes Berlin/Brandenburg‘ für den jetzigen Regierenden Bürgermeister [...], Herrn Diepgen.“ Severin Weiland