Clinton hat genug von „Whitewater“

■ Doch die Zweifel der US-Öffentlichkeit wachsen

Washington (taz) – Es war einer jener Stunden, in denen Bill Clinton demonstrierte, was er am besten kann: In die Offensive gehen, wenn der Druck am größten scheint. Am Donnerstag abend rief der US-Präsident zur zweiten „Prime Time“-Pressekonferenz seiner Amtszeit. Er verkündete, worum es wirklich geht: um Gesundheitsreform, Wahlkampfreform, Verbrechensbekämpfung und Arbeitsplätze – und nicht um jenes undurchsichtige Knäuel „Whitewater“.

Clinton demonstrierte nach Monaten des Ausweichens und Mauerns erstmals Offenheit. Seine eigenen Steuerunterlagen und die seiner Frau Hillary aus dem fraglichen Zeitraum zwischen 1977 und 1979 wolle er veröffentlichen, und – wenn erforderlich – dem unabhängigen Ermittler Robert Fiske und vor einem Untersuchungsausschuß des Kongresses Rede und Antwort stehen. Er bestritt, daß First Lady Hillary mit ihrer Anwaltstätigkeit in Arkansas Interessenkonflikte geschaffen habe. Auch habe niemand im Weißen Haus versucht, etwas zu vertuschen. Wichtiger sei, daß „wir das seit einer Generation produktivste Jahr einer Präsidenschaft hinter uns haben“, betonte Clinton.

Clintons Offensivmanöver schien überfällig, zumal die „Whitewater“-Affäre nun auch außerhalb Washingtons am Image des Präsidentenpaares nagt. Laut Meinungsumfragen glauben 81 Prozent der AmerikanerInnen, daß die Regierungsarbeit dadurch beeinträchtigt, weitere 67 Prozent, daß sich die Clintons bei ihren Geschäftspraktiken in Arkansas „irgend etwas“ zuschulden kommen lassen haben. Ein Eindruck, der weit mehr der First Lady schadet als dem „aalglatten Billie“ (Slick Willie) Bill Clinton. 52 Prozent glauben schließlich, daß das Weiße Haus versucht hat, die Angelegenheit zu vertuschen. Dies aufzuklären ist unter anderem Aufgabe des unabhängigen Ermittlers und jenes Untersuchungsausschusses, der seine Arbeit wohl im Mai aufnehmen wird.

Mit der jüngsten Pressekonferenz könnte es Bill Clinton gelungen sein, der Sache einiges ihrer tagespolitischen Brisanz zu nehmen. Doch Ruhe wird nicht einkehren. Mit dem republikanischen Abgeordneten Jim Leach tritt Clinton ein unnachgiebiger Gegner entgegen, der am Donnerstag in einer Rede im Repräsentantenhaus neue Vorwürfe erhob. Die „Whitewater“-Grundstücksgesellschaft, an der die Clintons beteiligt waren, soll von riskanten Krediten der „Madison Guaranty Savings and Loans“-Bank des Clinton- Freundes und „Whitewater“-Partners James McDougal profitiert haben. Vertreter des Finanzministeriums hätten politischen Druck auf jene Ermittler ausgeübt, die den späteren Kollaps der Bank und mögliche Verbindungen zum Clintonschen „Whitewater“-Unternehmen untersuchten. Die Zusammenarbeit zwischen Hillary Clinton und der Bank soll umfassender gewesen sein, als man dies im Weißen Haus bislang zugegeben hat.

Ohne Beweise taugen auch diese Vorwürfe noch zu keinem Skandal. Doch sie gewinnen Bedeutung durch Jim Leach. Ihm wird von allen politischen Seiten Integrität und Überparteilichkeit zugestanden, und Leach will die uneingeschränkte Aufklärung des Falls. Der Fall spreche Bände über den Zustand öffentlicher Ethik, über die Ein-Parteien-Kontrolle in einigen Bundesstaaten und über den US-Kongreß. „Bei Whitewater“, so Leach, „geht es um die Arroganz der Macht.“ Andrea Böhm