Im Atommeiler Biblis A reißt der Spezialstahl

■ Leckage an den als sicher gelobten Austenitstahl-Rohrleitungen

Wiesbaden/Biblis/Bonn (dpa/ taz) – Das Atomkraftwerk Biblis A bleibt nach seinem dritten Störfall seit Jahresbeginn auf unbestimmte Zeit außer Betrieb. Ein Wiederanfahren des Reaktors macht Hessens Umweltministerium als zuständige Atomaufsicht von umfassenden sicherheitstechnischen Prüfungen abhängig. Am Mittwoch war aus einem undichten Austenitstahlrohr radioaktives Wasser ausgetreten.

Neu an dem Störfall in Biblis war vor allem, daß der Defekt im Werkstoff des Rohrs und nicht an einer Schweißnaht aufgetreten sei. Bei den Prüfungen soll darum jetzt ermittelt werden, ob Austenitstahl als Material für diese Leitungssysteme überhaupt noch sicher sei. Die Betreiberfirma RWE AG müsse eine vollständige Liste aller Leitungen aus dem gleichen Material vorlegen. TÜV Bayern und Öko-Institut sollen die Schäden prüfen.

RWE möchte den Reaktor am liebsten sofort wieder anfahren. Nach Angaben des Konzerns könnte das undichte Rohr binnen weniger Stunden ausgetauscht und der Reaktor wieder angefahren werden. Kraftwerksleiter Klaus Distler sagte, es gebe keinen sachlichen Grund zur Verzögerung. In Biblis gibt es Distler zufolge einige 100 Meter Rohrleitungen aus Austenitstahl.

Der einzige deutsche Hersteller von Atomkraftwerken, die Siemens AG, hat der hessischen Landesregierung vorgeworfen, die Nachrüstung von Biblis „in einer unglaublichen Weise verschleppt“ zu haben.