■ Die Opec kann sich nicht einigen, weniger zu fördern: Billiges Öl?
Das schwarze Gold hat seinen Glanz verloren. Opec-Öl kostet nur noch soviel wie 1978, dem Jahr vor dem zweiten Ölpreisschock. Das Kartell von zwölf erdölexportierenden Entwicklungsländern bekam 1993 nur halb so viele Petrodollar herein wie zehn Jahre zuvor. Öl ist so billig, daß in den Verbraucherländern der Nordhalbkugel selbst die Industrie nur noch der Form halber protestiert, wenn der Bundestag über höhere Mineralölsteuern debattiert. Zähneknirschend beobachten die einst gefürchteten Ölscheichs, wie die Regierungen der Industrieländer ihre Staatskassen mit dem Preisaufschlag auf ihr Billigprodukt sanieren und damit bei weiten Teilen ihres Wahlvolkes Applaus für umweltgerechtes Verhalten ernten: Ist es nicht besser, in Deutschland über künstlich verteuerte Benzinpreise den Massen das klimaschädliche Autofahren zu verleiden, als das Geld den Scheichs für neue Waffenkäufe zu geben?
Kurzfristig machen derartige Überlegungen Sinn. Seit Mitte der 80er Jahre hat das Ölkartell nach und nach die Macht über die Preise verloren. Sein Weltmarktanteil liegt gegenwärtig bei 40 Prozent. Heute verabschiedet die Opec zwar regelmäßig ihre Förderquoten, nur hält sich längst nicht jedes Mitglied daran. Außerdem vergrößern Norwegen und Großbritannien als neue, politisch zuverlässige Öllieferanten das Angebot auf dem Weltmarkt. Gleichzeitig nimmt der Ölverbrauch in den Industriestaaten nicht mehr parallel zum Wirtschaftswachstum zu, denn die beiden Ölkrisen von 1973 und 1979 wirkten nachhaltig als Anreiz, Primärenergie rationell zu verwenden.
Auf lange Sicht jedoch sind die Industriestaaten keinesfalls so unabhängig von den Opec-Ländern, wie es heute scheint. Dreiviertel der Welt-Erdölreserven lagern im Boden der Kartell-Staaten. Allein um die gegenwärtigen Förderkapazitäten zu halten, müßten die Opec-Staaten bis zur Jahrtausendwende 50 Milliarden Dollar investieren – Geld, das nur aus dem möglichst teuren Verkauf des Öls heute stammen kann. Seit aber die Rohölpreise und damit die Einnahmen sinken, werden besonders im Nahen Osten die Investitionen gestreckt. Die nächste Verknappung des Öl-Angebots ist also programmiert.
Umweltschützern kann diese langfristige Perspektive als Argument für höhere Mineralölsteuern nur recht sein. Welches Instrument eignete sich besser, die Wirtschaft Schritt für Schritt auf höhere Ölpreise vorzubereiten? Die Ölsteuer müßte aber tatsächlich als Öko-Steuer gehandhabt und bei Bedarf auch wieder gesenkt werden. Donata Riedel
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