■ Mit den Weltmeeren auf du und du: Unlustige Seefahrt
Brüssel (taz) – Die Seefahrt ist schon lange nicht mehr lustig, und schon gar nicht für Umweltminister. Drei Monate nach dem Anlanden der kleinen gelben Giftbeutelchen, die der Frachter „Sherbro“ in stürmischer Nordsee verloren hatte, mußten die Umwelt- und Verkehrsminister der EU einräumen, daß es mit der Sicherheit auf den Meeren zappenduster aussieht. Sie beschlossen deshalb, bei der Internationalen Schiffahrtsorganisation IMO gemeinsam auf eine für alle Mitglieder verbindliche Meldepflicht für Gefahrguttransporte zu drängen und für gefährliche Stoffe nur noch besondere Routen vorzusehen.
Nach dem „Sherbro“-Unfall hatten die EU-Verkehrsminister beschlossen, einen einheitlichen Schiffs-TÜV zu schaffen sowie Mindeststandards für die Ausbildung der Seefahrer festzulegen. Doch „zu langsam“ würden diese Maßnahmen greifen, bemängelten die Minister.
Auch der anfängliche Aktionismus der Verkehrsminister aus den „Sherbro“-geschädigten Ländern Frankreich, Belgien, Holland, Deutschland und Großbritannien, die erschrocken in Paris beschlossen hatten, daß giftige Stoffe künftig nur noch unter Deck transportiert werden dürfen, wird heute nachdenklicher gesehen. Vor allem, weil es bereits internationale Regeln für den Schiffstransport gefährlicher Güter gibt, die für manche Gifte die Lagerung unter Deck ausdrücklich verbieten, weil das für die Mannschaft zu gefährlich sei. Besonders riskant gefüllte Container müssen sogar so gelagert werden, daß sie bei Gefahr ins Meer geschleudert werden. Das große Problem dabei ist, daß weit mehr Container ins Meer fallen, als man gemeinhin annehmen möchte.
Wenn es ums Maritime geht, teilt sich die Europäische Union regelmäßig in Ländergruppen, wie Frankreich, Spanien, und Deutschland einerseits und etwa Griechenland und Italien andererseits. Die einen haben viele Werften, die schärfere Sicherheitsauflagen für Schiffe fordern, die anderen viele Reeder, die gerne billig fahren. Und weil die Hälfte aller Schiffe, auch der deutschen, längst unter der Flagge von vorschriftsarmen Ländern wie Panama oder Zypern fahren, haben fast alle Bemühungen um mehr Sicherheit nur einen Sinn, wenn sie von der Internationalen Schiffahrtsorganisation IMO abgesegnet sind. Würde die Europäische Union dort als einheitlicher Block auftreten, dann ließe sich schon was erreichen. Aber dazu hat die Einigkeit bisher nie gereicht. Alois Berger
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen