EU: Britisches Veto gegen Vetorecht bröckelt

■ Bei einem Außenministertreffen in Griechenland zeigten sich Briten und Spanier grundsätzlich kompromißbereit / Ein echter Durchbruch steht jedoch noch aus

Brüssel (taz) – Die 12 Außenminister der Europäischen Union nähern sich einem Durchbruch beim Streit um die Ausgestaltung des künftigen Vetorechtes in einer von 12 auf 16 Mitglieder erweiterten Union. Im griechischen Joannina, wo die 12 am Wochenende zusammenkamen, zeigten sich der britische und der spanische Außenminister nun grundsätzlich bereit, die Erhöhung der für ein Veto zuständigen Stimmenzahl im Ministerrat von 23 auf 27 zu akzeptieren. Dafür erklären sich die anderen 10 Mitgliedsländer bereit, daß bei jeder Entscheidung, bei der 23 Gegenstimmen zusammenkommen – das sind in der Regel drei Länder –, für einen „vernünftigen Zeitraum“ weiter nach einem Kompromiß gesucht wird. Dieser Vorschlag, der schon seit Wochen diskutiert wird, ist bisher von Spanien und Großbritannien zurückgewiesen worden, weil er im Kern bedeutet, daß sie künftig leichter überstimmt werden können, nur eben etwas langsamer.

Doch ohne eine Erhöhung der Sperrminorität würden die Entscheidungsprozesse in der EU noch schwerfälliger als bisher, weil es unter 16 Mitgliedern leichter ist, zwei Partner für ein Veto zu finden, als unter 12 Ländern.

Von einem Durchbruch kann aber noch nicht gesprochen werden, solange nicht definiert ist, wie lange ein „vernünftiger Zeitraum“ dauert. Britisches und kontinentales Zeitgefühl weichen da erheblich voneinander ab. Die Außenminister haben sich im übrigen noch Bedenkzeit bis Dienstag eingeräumt. Wenn bis dahin kein Widerspruch aus einem der Mitgliedstaaten kommt, gilt der Kompromiß als angenommen. Diese Frist soll dem britischen Premier John Major Gelegenheit geben, in seiner Partei auszuloten, ob er das Einknicken in Joannina politisch überleben kann. Konservative Parteifreunde haben die Erhöhung der Sperrminorität zum Verrat an britischen Interessen erklärt.

Der griechische Europaminister Pangalos wiederholte gestern seine Auffassung, daß der Kompromiß für die Europäische Union „die letzte Chance vor der Krise“ sei. Wenn sich die Außenminister nicht in den nächsten Tagen endgültig auf eine Erhöhung der Sperrminorität verständigten, sei der Zeitplan für die Erweiterung nicht mehr einzuhalten. Trotz der abgeschlossenen Aufnahmeverhandlungen von Norwegen, Schweden, Finnland und Österreich könnten diese Länder dann nicht wie geplant zum 1. Januar 1994 beitreten, sondern frühestens sechs Monate später. Die drei großen Fraktionen im Europäischen Parlament, das der Aufnahme noch zustimmen muß, haben bereits erklärt, daß sie eine Erweiterung der EU nur in Verbindung mit einer Anpassung der Sperrminorität annehmen werden, weil sich der Ministerrat sonst laufend blockiere. Alois Berger