Die Reisen des Mr. Yeboah

■ Afrika-Cup: Nach umständlicher Anfahrt war Anthony Yeboah beim 1:0 Ghanas gegen Guinea nur Zuschauer

Sousse (taz) – Während am Sonntag um 19 Uhr im Stadion der tunesischen Stadt Sousse die ghanaische Nationalhymne erklingt, legt Anthony Yeboah die Hand aufs Herz und läßt vermutlich die letzten 24 Stunden noch einmal an sich vorbeiziehen. Seine „Operation Afrika“ begann wie geplant. Kaum war der Abpfiff des Spiels der Frankfurter Eintracht gegen den VfB Stuttgart (0:0) ertönt, der Star geduscht und abgetrocknet, rollte auch schon eine Limousine vor das Waldstadion. Der Expreßtransfer brachte die wertvolle Fracht direkt zu einem Privatjet, der auf dem Rhein-Main-Flughafen wartete. Der persönliche Berater hatte das Gepäck bereits eingeladen. Die Maschine konnte abheben. – Zwei Stunden später hatten aber die tunesischen Behörden kein Verständnis für die Dramatik der Situation. Auch für Thony Yeboah galt in Monastir das Nachtflugverbot. Er mußte in Tunis landen. Dort gab es bei der Autovermietung keine Spur vom versprochenen Wagen. Gut, daß ein deutsches Fernsehteam für die letzten 150 Kilometer eine Mitfahrgelegenheit anbieten konnte. Und als sich kurz vor Mitternacht die deutschen Osterurlauber schon in ihre Kissen kuschelten, war auch Anthony Yeboah nur noch wenige Meter von seinem Hotelzimmer in Monastir entfernt.

Am nächsten Morgen war Slobodan Dubajic der Sündenbock der Ghanaer. „Thonys rechtes Knie“, so Yeboahs Berater Joachim Leukel, sei lädiert. Gar eine nachträgliche Rote Karte für den Stuttgarter Abwehrspieler forderte der Star selbst. Sein rechter Knöchel schmerze ihn von dem Tritt immer noch. So stand er am Abend, als die ghanaische Nationalhymne erklang, nach all den Reisestrapazen nur auf der Tribüne. Und während es immer kühler wurde und der heftige Wind große Staubwolken über den Platz trieb, mühten sich elf seiner Landsleute gegen den Außenseiter Guinea immer verzweifelter. Das Tor wollte einfach nicht gelingen. Sogar ein Elfmeter landete in den Armen des gegnerischen Torwarts. Als die Miene des Stars von Eintracht Frankfurt immer finsterer wurde, half drei Minuten vor Schluß ein Reservist von Fortuna Köln aus. Charles Akonnor traf aus 18 Metern zum Sieg.

Jetzt darf Thony wieder unbeschwert reisen. Am Donnerstag braucht er gegen Senegal wohl nur eine Halbzeit zu spielen. Dann geht es am Freitag wieder nach Frankfurt und von da aus weiter nach Leipzig. Am Samstag nach dem Spiel wiederholt sich das Spektakel vom Wochenende. Von der Umkleidekabine des Zentralstadions geht es direkt zum Viertelfinale nach Sousse. Wenn mit Knie und Knöchel alles stimmt. Christoph Biermann