Vom Kalten Krieg zum Neuen Forum

■ Cocom, das Gremium zur Kontrolle des Ost-West-Handels, wird offiziell aufgelöst / Heute wird in Den Haag über seine Umwandlung in ein internationales Instrument der Rüstungsexportkontrolle verhandelt

Bonn (taz) – Die lukrativsten Geschäfte bergen das höchste Risiko: Fünf Manager wurden gestern in Japan verhaftet, weil sie illegal Restlichtverstärker in die kommunistischen Staaten China und Nordkorea geliefert hatten. Die Geräte, die sich auch zum Einsatz in Militärsatelliten eignen, stehen auf der Verbotsliste des Coordinating Comittees for East West Trade (Cocom).

Für das Pariser Büro des Cocom, in dem die Embargolisten zusammengestellt wurden, sind nach 44 Jahren die letzten Tage angebrochen: Zum 31. März wird Cocom aufgelöst. Aber heute und morgen verhandeln die Vertreter der 17 Mitgliedsstaaten (Nato- Länder ohne Island, ergänzt durch Japan und Australien) in Den Haag, ob es für die Organisation einen Nachfolger geben soll.

Das 1950 gegründete Cocom war ein Kind des Kalten Krieges – und zugleich die Widerlegung von Lenins Diktum, wonach die Kapitalisten den Revolutionären aus Gewinnsucht auch noch den Strick verkaufen würden, an dem diese sie dann aufhängen könnten. Denn nicht um Geschäfte ging es, sondern um die Verhinderung von Geschäften.

Der Ausschuß war ein Embargo-Institut, das sicherstellen sollte, daß die kommunistische Welt nicht von der technischen Überlegenheit des Westens profitierte: Militärtechnologie durfte ebensowenig in den Ostblock geliefert werden wie High-Tech-Güter, wenn die Gefahr bestand, daß diese auch militärisch genutzt werden konnten.

Mit dem Zusammenbruch der kommunistischen Welt wurde Cocom zu einem Relikt des Kalten Krieges. Seit Monaten verhandeln die Cocom-Länder über eine Umwandlung des Kontrollinstruments und seine Verzahnung mit anderen Überwachungsinstituten – anstelle von Konfrontation soll eine enge Kooperation praktiziert werden. Das Projekt trägt den kuriosen Arbeitstitel „Neues Forum“.

Drei internationale „Exportkontrollregime“ gegen die Verbreitung von Massenvernichtungsmitteln gibt es – für Nukleartechnik, chemische Kampfstoffe und Chemieanlagen sowie für Raketensysteme. Die Cocom-Nachfolgeorganisation könnte die Lücke schließen, die bei konventionellen Waffen und Dual-use-Gütern (zivile Waren mit militärischer Verwendungsmöglichkeit) besteht. Das Kontrollsystem würde sich vor allem gegen Länder richten, die durch ihre Aufrüstung mit Massenvernichtungswaffen eine Gefahr für die Völkergemeinschaft darstellen: Irak, Iran, Libyen und Nordkorea.

Strittig ist nicht nur, wann ehemalige Ostblockstaaten und China einbezogen werden sollen. Uneins sind sich die Cocom-Paten auch, ob neben Dual-use-Exporten überhaupt Waffenexporte erfaßt werden sollen. Die Amerikaner wollen schließlich eine Zweiklassen-Organisation – einen engeren Zirkel mit den alten Cocom-Mitgliedern und einen weiteren mit Rußland und weiteren GUS-Staaten. Hans Monath