Der Macher im Hintergrund

■ Bei der Tischtennis-EM stehen die Frauen erstmals seit zwölf Jahren im Finale

Birmingham (dpa/taz) – Erfolg hat bekanntlich immer viele Väter. Dirk Schimmelpfennig, Tischtennis-Bundestrainer, ist es aber nachgerade peinlich, daß der Erfolg der Frauen bei der Europameisterschaft nur einen Vater haben soll. „Meine Spielerinnen zeigen große Leistungen und dann wird von mir geredet.“ Was den 32jährigen Schimmelpfennig schon wieder sympathisch macht.

Fakt ist, bei der WM 1989 in Dortmund waren die Ping-Pong- Artistinnen auf Platz 19 gelandet, mithin auf der Talsohle angelangt. Seit 1991 ist Schimmelpfennig im Amt. Bei der EM in Birmingham gelang der Einzug in das Endspiel der Europameisterschaft. Zufall oder systematische Arbeit? „Ich schätze sein planvolles Training und die gute Organisation“, lobt die Deutsche Meisterin Jie Schöpp (Steinhagen), die Arbeitsauffassung des Diplomsportlehrers. Das Wirtschaftsstudium hat er abgebrochen, als Pädagoge bewährt sich Schimmelpfennig in der Praxis. Der ehemalige Regionalligaspieler des TTC Brauweiler formte aus der ruhigen Jie Schöpp, der erfahrenen Olga Nemes (Dülmen) und der temperamentvollen Nicole Struse (Steinhagen) ein homogenes Team.

Gerade mit der Harmonie hatte es in der Vergangenheit in den Frauenteams oft gehapert. Ein Honigschlecken ist das Leben für die Spielerinnen unter Schimmelpfennig nicht: „Ich erwarte volle Leistungsbereitschaft und harte Arbeit.“ In Birmingham war sein psychologisches Geschick nach der 2:4-Niederlage im Gruppenspiel gegen Finalgegner Rußland gefragt.

Der Trainer richtete sein Team wieder auf. Besonders Nicole Struse, Nummer zwei in Europa, hatte Probleme, mit dem Erfolgsdruck fertig zu werden. Der Sieg in der Europaliga und beim European Ladies Team Cup hatte die DTTB-Damen dummerweise zu Favoritinnen gestempelt.

Zuletzt stand 1982 in Budapest eine Damen-Vertretung des Deutschen Tischtenns-Bundes (DTTB) im EM-Endspiel. Doch das interessiert Dirk Schimmelpfennig nicht: „Ich gucke nicht nach hinten.“

Sondern nach vorn. Und für die Zukunft läßt den Coach hoffen, daß alle „aufgeweckten Kinder die Fernsehübertragung des Endspiels am Mittwoch morgen zwischen 00.18 und 00.25 Uhr miterleben werden“ und somit ein Schub im Nachwuchsbereich strategisch perfekt vorprogrammiert sei.

EM-Mannschaften, Frauen, Halbfinale: Rußland - England 4:1; Melnik - Lomas 21:14, 21:15; Timina - Holt 21:19, 25:27, 17:21; Palina - Gordon 21:8, 21:14; Galina/Timina - Lomas/ Holt 21:15, 21:12; Timina - Lomas 21:14, 20:22, 21:17; Deutschland - Ungarn 4:0; Struse - Toth 21:11, 17:21, 21:6; Nemes - Batorfi 18:21, 21:16, 21:19; Schöpp - Ellö 17:21, 21:15, 21:15; Struse/Fischer - Batorfi/Toth 21:14, 21:18

Männer, Gruppe A: Schweden - Deutschland 4:2; Belgien - Tschechische Republik 4:2; Polen - Niederlande 4:0; Endstand: 1. Schweden 18:8 Spiele/4:1; 2. Deutschland 18:8/4:1; 3. Belgien 17:13/3:2; 4. Polen 11:12/2:3; 5. Niederlande 11:18/2:3; 6. Tschechische Republik 5:20/0:5; Gruppe B: Frankreich - England 4:0; Rußland - Österreich 4:3; Ungarn - Griechenland 4:3; Endstand: 1. Frankreich 20:4/5:0; 2. England 14:13/3:2; 3. Ungarn 14:17/3:2; 4. Rußland 13:18/2:3; 5. Griechenland 15:16/1:4; 6. Österreich 10:18/1:4; im Halbfinale (nach Redaktionsschluß): Deutschland - Frankreich, Schweden - England