Der Sieg spaltet Italiens Rechte

■ Ligen-Chef Bossi gegen Berlusconi als Ministerpräsident und Neofaschisten als Koalitionspartner

Rom (taz) – Mächtiger Katzenjammer und schiere Verzweiflung bei der Linken, Endsiegstimmung bei der Rechten. Mit einem geradezu umwerfenden Ergebnis haben die Wähler das Bündnis aus Neofaschisten, der neokonservativen Bewegung „Forza Italia“ des Privat-TV-Monopolisten Silvio Berlusconi sowie seiner Alliierten von der „Lega Nord“ in die Parlamente gehievt. Der „Block der Freiheit“ erhielt bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus knappe 47 Prozent und bei den Wahlen zum Senat 41 Prozent der Stimmen. Dieses Ergebnis bedeutet, aufgrund des neuen Wahlrechts, eine satte absolute Mehrheit von 57 Prozent der Sitze in der Deputiertenkammer und knappe 48 Prozent im Senat. Die „Progressisten“ kamen in beiden Häusern auf knappe 33 beziehungsweise 35 Prozent der Stimmen. Diesem Bündnis gehören die beiden Formationen der ehemaligen KPI („Demokratische Partei der Linken“ und „Kommunistische Neugründung“), die Grünen und die Antimafiabewegung „Das Netz“ sowie Teile der industrienahen „Demokratischen Allianz“ an. Die „moderate Mitte“ aus den beiden Hauptformationen der ehemaligen Christdemokraten, „Italienische Volkspartei“ und „Pakt für Italien“, erhielt gerade noch 17 Prozent. Ausschlaggebend für das Gesamtergebnis war insbesondere der Süden – wo die Mafia behend auf den neu formierten Rechts-Zug aufgesprungen ist. Der deutliche Rutsch weg von den „Progressisten“ bedeutet jedoch keineswegs eine schnelle und einverständliche Regierungsbildung. Dagegen spricht nicht nur die fehlende Mehrheit im Senat: Lega Nord und Neofaschisten sind zwar beide mit Berlusconis „Forza Italia“, aber nicht untereinander verbündet. Sie sehen sich schon aufgrund ihrer Programme außerstande, eine gemeinsame Administration zu stützen: die Ligen streben einen strikten Föderalismus an, den die zentralistischen Neofaschisten gerade verhindern möchten. Lega-Führer Umberto Bossi sprach dann auch schon während der Siegesfeier von der „reaktionären Rechten“ des Südens, die dem Norden an den Geldbeutel wolle, und meinte damit die Neofaschisten des Gianfranco Fini. Dessen militanteste Anhänger feierten ihren Sieg, schwarz behemdet, die Hand zum „römischen Gruß“ erhoben, mit einer Randale im Zentrum der Hauptstadt. Berlusconi selbst, von Bossi als „eine Rippe des alten Systems“ apostrophiert, versuchte noch in der Wahlnacht, das Bündnis mit pragmatischen Formeln zu kitten, bekam vom Lega-Boß jedoch bereits die rote Karte: der Medienzar sei schon aus Gründen der Machtakkumulation als Regierungschef nicht tragbar. Der Führer des unterlegenen Linksblockes, Achille Occhetto, prophezeite denn auch schon: „Die Rechte wird nicht fähig sein, dem Land eine Regierung zu geben.“ Statt der erhofften Regierungsfähigkeit droht den Italienern durch die neue Konstellation in der Tat eine noch stärkere Destabilisierung des politischen Systems: „Ein glatter Selbstmordversuch“, wie es ein Mitglied des italienischen Unternehmensverbandes im Fernsehen ausdrückte. Seiten 3 und 10