„Öl ins Feuer gegossen“

■ 6000 Mark Geldstrafe wegen Volksverhetzung und Nötigung

„Ich habe in Australien sogar Schwarze als Freunde gehabt. Ich finde es unerhört, wenn mich der Staatsanwalt mit den abscheulichen Taten der Neonazis auf eine Stufe stellt.“ Dieter T. (53) ist empört, gesteht aber ein, „Mist gemacht“ zu haben. Amtsrichterin Bettina Strohmeier, unbeeindruckt von Empörung und Reue, verurteilte den Kataster-Meßgehilfen wegen Volksverhetzung, Beleidigung und Nötigung zu 120 Tagessätzen (6000 Mark) Geldstrafe. Strohmeier: „Sie haben sich beschwert, daß der Staatsanwalt Sie als Neonazis bezeichnet hat. Da müssen Sie sich selbst an Ihre Nase fassen.“

Es war der 8. Mai 1993, als Katrin K. mit ihrem Freund aus Ghana, den gemeinsamen beiden kleinen Kindern, afrikanischen Freunden und Nachbarkindern vor ihrem Haus in Groß Borstel ausgelassen Fußball spielte. Plötzlich erschien Nachbar Dieter T. und forderte die Gruppe auf, zu verschwinden. „Was Sie in Ihrer Wohnung treiben, ist mir egal. Entfernen Sie gefälligst die drei Afrikaner von der Wiese. Verschwindet in den Busch,“ brüllte er die zierliche und schüchterne 32jährige an.

Als sich Katrins ghanaischer Freund einmischte, beschimpfte T. ihn als „Nigger“ und „Nigger-Arschloch“ und drohte der Frau erneut: „Wenn du mit deiner Bagage nicht verschwindest, hole ich meine Pistole und schieße euch in die Hölle, wo ihr auch hingehört.“ Katrin B. im Zeugenstand: „Wir haben Angst gekriegt, daß er eine Pistole holt.“ Sie brachen ihr Ballspiel ab.

Dieter T. bestritt, derartige Äußerungen gemacht zu haben, beteuerte aber andererseits: „Es tut mir alles leid.“ Doch selbst sein Verteidiger glaubte ihm nicht. „Auch für mich steht nach der Beweisaufnahme fest, es war so, wie die Zeugin das hier ausgesagt hat.“ Er sah in den „verächtlichen“ Beschimpfungen aber nur eine Beleidigung und Nötigung. Doch Ankläger Holger Lund bewertete dem Vorfall als eine „Störung des öffentlichen Friedens“, die „generalpräventiv“ abgeurteilt werden müsse: „In der heutigen Zeit, in der immer wieder Angriffe auf Ausländer stattfinden, hat der Angeklagte in übelster Weise seinen Beitrag dazu geleistet und Öl ins Feuer gegossen.“ Lund weiter: "Schlimmer kann man Menschen ein Lebensrecht in der Gemeinschaft nicht absprechen.“ Richterin Bettina Strohmeier schloß sich den Ausführungen an, sah aber von einer Knaststrafe ab: „Geld tut manchmal mehr weh als eine kurze Gefängnisstrafe. Durch die Ratenzahlung werden Sie lange daran erinnert, was Sie angerichtet haben.“ Kai von Appen