■ Das Portrait
: Schneller Brüter Dounreay

Mehr als drei Jahrzehnte haben die beiden Kuppeln die Küste der Grafschaft Caithness im Norden Schottlands beherrscht. Sie symbolisierten den größten Arbeitgeber in der Region. Die Rede ist vom Atomkraftwerk Dounreay, dem einzigen Schnellen Brüter Großbritanniens. Heute um Mitternacht wird der Reaktor endgültig abgeschaltet.

Der Plan, daß weit entfernt von London ein „experimentelles Kraftwerk“ gebaut werden sollte, wurde am 1. März 1954 bekanntgegeben. Der Schnelle Brüter, der seinen eigenen Plutonium- Brennstoff aus den verbrauchten Brennstäben normaler Reaktoren produziert, sollte die Abhängigkeit des Westens von Uranlieferungen aus der Dritten Welt beenden. Nachdem der kleine Dounreay-Testreaktor die Probephase absolviert hatte, wurde ein größerer Prototyp errichtet, der 240 Megawatt Elektrizität im Jahr lieferte. Die dritte Bauphase, ein kommerzieller Großreaktor, wurde nie verwirklicht.

Als die Uranpreise in den 80er Jahren weltweit fielen, wurden Schnelle Brüter unwirtschaftlich. Der damalige Energieminister Cecil Parkinson verkündete im Juli 1988 das Aus für Dounreay. Die Reaktoren erhielten jedoch eine Gnadenfrist, weil die Atomindustrie der einzige Arbeitgeber in dieser abgelegenen Region ist. Nach dem 2. Weltkrieg lebten in Thurso, der nächstgelegenen Ortschaft, nur 3.500 Menschen. Als die Atomanlage in den 50er Jahren ihren Betrieb aufnahm, stieg die Einwohnerzahl auf über 10.000. In Dounreay waren mehr als 2.500 Menschen beschäftigt. Morgen werden es nur noch 500 sein, die bis etwa 1996 mit dem 500 Millionen Pfund teuren Abriß zu tun haben.

Ausgebrütet Foto: AP

Lokalpolitiker befürchten, daß eine Auswanderungswelle einsetzen wird. Ein Drittel aller Jobs in Caithness wird vernichtet. Die britische Atomenergiebehörde sucht zwar nach Alternativen und hat eine Abschußrampe für Satelliten vorgeschlagen, doch bisher ist nichts Konkretes dabei herausgekommen. Die Anti-AKW-Organisation „Caithness Against Nuclear Dumping“ jedenfalls bleibt wachsam. Dounreays Manager Alistair Cruickshank hält die Stillegung für einen schweren Fehler. „Wir gehen davon aus, daß man in 50 bis 100 Jahren wieder Schnelle Brüter brauchen wird“, sagt er. „Die meisten unserer Experten werden dann tot sein. Weil ihre Erfahrung und ihr Wissen nicht weitergegeben werden, geht uns das für immer verloren.“ Ralf Sotscheck