: Kein Spiegelbau am Deichtor
■ Ein Osterei für Robert Vogel: Das Nachrichtenmagazin rückt von seinen Neubauplänen ab und mietet weitere Büro-Räume Von Uli Exner
Dickes Osterei für Robert Vogel: Der Spiegel-Verlag, solventer Mieter des Hamburger Immobilien-Königs, wird entgegen seinen bisherigen Plänen kein neues Verlagsgebäude an den Deichtorhallen bauen. Statt dessen mietet das Nachrichtenmagazin das Vogel gehörende IBM-Hochhaus an der Ost-West-Straße. Dort sollen spätestens Mitte nächsten Jahres die Verlagsabteilungen des Spiegel einziehen. Die Redaktion bleibt im benachbarten alten Spiegel-Haus, das ebenfalls Vogel gehört.
Die Begründung für den überraschenden Planungsschwenk des Augstein-Blattes liefert Verlagsleiter Fried von Bismarck: „In Zeiten, in denen der Markt beweglich ist, investiert man in Mobilität, nicht in Immobilien.“ Ein dezenter Hinweis auf die nicht mehr ganz unangefochtene Position des Nachrichtenmagazins auf dem Medienmarkt und die damit verbundenen finanziellen Einbußen. Nach dem Erscheinen des Münchner Konkurrenzmagazins focus im vergangenen Jahr war das Anzeigengeschäft in der Brandstwiete deutlich zurückgegangen. Ein Negativ-Trend, so fürchten die Spiegel-Manager, der sich nach Erscheinen der vom Bauer-Verlag und von Gruner + Jahr geplanten Magazin-Neuerscheinungen fortsetzen könnte.
Am vergangenen Montag setzten sich die Spiegel-Leute noch einmal mit ihrem alten Vermieter zusammen, der im vergangenen Jahr vergeblich versucht hatte, dem Nachrichtenmagazin die 10.000 Quadratmeter Bürofläche des IBM-Hauses schmackhaft zu machen. Und siehe da: Das neue Angebot Vogels war „unter kaufmännisch-wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht zu schlagen“.
Unter dem Druck des Überangebots an Büroflächen in Hamburg hatte der Immobilienhändler die Kosten eines möglichen Leerstands seiner beiden Bürotürme berechnet und angesichts roter Zahlenkolonnen seine ursprünglichen Mietforderungen für das IBM-Haus deutlich heruntergeschraubt. Die 200 Millionen Mark-Investition für den Neubau, bei den am Gewinn beteiligten Spiegel-Mitarbeitern ohnehin umstritten, ließen sich nicht mehr rechtfertigen. Da fielen auch die bereits entstandenen Planungskosten – allein für den preisgekrönten Architektenentwurf des Neubaus 60.000 Mark – nicht mehr ins Gewicht. Am Mittwochnachmittag meldete sich Spiegel-Geschäftsführer Karl Dietrich Seikel bei Robert Vogel: „Ich habe ein Osterei für Sie.“
Auch in den Hamburger Behörden, die sich mächtig ins Zeug gelegt hatten, um dem Spiegel ein passendes Neubaugrundstück zu besorgen, trübte die Absage der Zeitungsmacher nicht die Freude auf freie Tage und Eiersuche. „Keine schlechte Nachricht“, kommentierte ein Stadtplaner das abrupte Ende des Neubaukapitels am Donnerstag. Der 18 Etagen hohe Betonklotz direkt vor den Deichtorhallen sei eh nicht unumstritten gewesen.
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