■ Nachgefragt
: Sendemast stört Natur

taz: Wann beginnt die Akte des World Wide Fund (WWF) „Widerstand gegen neue Radio-Bremen-Sendemasten“ unmittelbar neben dem Landschaftsschutzgebiet Wümmewiesen?

Christoph Zöckler (WWF): Eigentlich schon 1985, als entschieden wurde, von 13 möglichen neuen Standorten den in Oberneuland auszuwählen mit der Begründung, da würden die geringsten ökologischen Schäden angerichtet.

Was hat man denn damals gesagt, warum ein neuer Sendeturm überhaupt gebaut werden müßte?

Erstens weil die Reichweite des vorhandenen nicht mehr ausreichen würde, der neue sollte ein Drittel, also um 100 Meter höher sein. Wegen der Werbung sollte man in Hamburg und Hannover Radio Bremen hören können, davon versprach man sich größere Einnahmen. Zweitens sollte das Gelände unter den bisherigen Sendemasten nach dem Jahre 2004, wenn der Vertrag mit Radio Bremen ausläuft, Gewerbegebiet werden.

Gunnar Oertel (WWF): Das Ding kostet 30 Millionen, mit Ausgleichsmaßnahmen.

... der Radio-Bremen-Intendant Klostermeier hat zur taz gesagt: nur 8 Millionen ...

Das ist eine ganz falsche Zahl. Wir haben immer gesagt: Was könnte man mit diesen 30 Millionen alles tun, um den Sender attraktiver zu machen! Anstatt einen höheren Turm zu bauen für mehr Werbung im Radio.

Wieso stört denn ein Sendturm die Wümmewiesen?

Zöckler: Es gibt die landschaftsästhetische Komponente. In dem Oberneuländer und Borgfelder Bereich bis nach Fischerhude ist bisher die alte Landschaftsbild in keiner Weise von zivilisatorischen Elementen gestört. Das ist die alte Wiesenlandschaft. Wir haben sogar 1989 erreicht, daß die letzten Hochspannungsmasten abgebaut wurden. Rund um Bremen herum gibt es keine andere Stelle mehr, an der die Landschaft so erhalten ist, wie sie im 19. Jahrhundert war. Und zweitens würde der Sendeturm mit der entsprechenden Verspannung die Wasservögel stören, die hier im Winter in großen Ansammlungen rasten. Derzeit sind da ca. 6.000 Pfeifenten, also sibirische, nordische Wasservögel, Zwergschwäne und Singschwäne aus Skandinavien. Den Italienern wird vorgeworfen, daß sie unsere Singvögel fressen...

... töten und essen?!

Ja, so könnte man uns mit gleichem Recht vorwerfen: Wir zerstören das Rastgebiet.

Fliegen die gegen die Masten oder warum?

Sie fühlen sich gestört und meiden den Platz, finden aber keinen neuen: Solche natürlichen Überschwemmungsgebiete gibt es kaum noch in Norddeutschland. Vertrieben werden natürlich auch die Brutvögel, Bekassine, Uferschnepfen.

Das Umweltressort ist von der Erkenntnis, daß man die Fernseh- und die UKW-Frequenzen von Walle aus senden könnte, überrascht.

Wir überhaupt nicht. Wir haben uns seit Jahren bemüht, auch technisch für Radio Bremen Alternativen zu finden. Wenn man das Gutachten liest, mit dem Radio Bremen und auch der NDR kürzlich beweisen wollten, daß der neue Turm sein muß, dann stolpert man geradezu über unverständlich verschlüsselte Sätze und man spürt, daß die Argumentation sehr dünn sein muß.

Habt ihr als WWF einmal mit der Telekom gesprochen?

Oertel: Nein, aber wir haben immer wieder angeregt, daß endlich mal von unabhängiger Seite geprüft wird, ob es nicht andere Lösungen gibt.

Es hat nie ein unabhängiges Gutachten gegeben?

Nie. Radio Bremen hatte natürlich ein Interesse daran, daß es keine Alternativen zu dem neuen Sendeturm gibt.

Wer muß den Turm zahlen?

Gedacht war, daß das Radio Bremen bezahlen muß. Aber wir wissen, daß Radio Bremen sich bemüht hat, einen wesentlichen Teil auf die Staatskasse abzuwälzen. Wenn Klostermeier nur von 8 Millionen redet, meint er das ja vielleicht so, daß die restlichen 22 Millionen von dem Land bezahlt werden müssen.

Fragen: K.W.