Meist wird man an der Schwelle abgewiesen

■ Hersteller von Polstermöbeln aus nachwachsenden Rohstoffen kritisiert, daß ökologische Alternativen entgegen vollmundigen Beteuerungen nur zaghaft gesucht werden

Bei der Internationalen Möbelmesse 1993 in Köln präsentierte die Schlüter GmbH aus dem niedersächsischen Stadthagen erstmals Sofas, die aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen. Roggenstroh feierte in der Farm-House- Kollektion nach Jahrzehnten seine Wiedergeburt als Polstermaterial. Christian Arns sprach mit Rudolf Fiedler, Marketing-Leiter des Unternehmens.

taz: Mit der Unterstützung der Wirtschaft auf ihrer Suche nach ökologischen Alternativen brüsten sich beinahe alle Politiker. Haben auch Sie Hilfe erfahren?

Rudolf Fiedler: Natürlich haben wir bereits während der Entwicklungsphase Kontakt zu öffentlichen Institutionen gesucht, leider sind wir aber meist bereits an der Schwelle abgewiesen worden. Das liegt an den Förderrichtlinien: Um einen Antrag stellen zu dürfen, darf man eigentlich noch nichts unternommen haben. Kommt aber wirklich eine Firma mit leeren Händen, dann wird sie nicht richtig ernst genommen. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt hat uns aber zumindest vorzeitigen Maßnahmebeginn zugebilligt.

Ist damit klar, daß sie auch Geld bekommen?

Nein, das heißt nur, daß wir gleichzeitig hoffen und arbeiten dürfen. Der Antrag läuft seit anderthalb Jahren, und er ist noch immer nicht entschieden worden. Es kann sein, daß wir gar kein Geld bekommen.

Wie haben die Händler auf Farm House reagiert?

Wir hatten vor der Messe in Köln erwartet, daß bundesweit höchstens 50 Händler Interesse haben könnten. Die Aufnahmebereitschaft war aber viel höher, man hat uns fast bedrängt. Die Erfahrung hat aber gezeigt, daß sich die Kollektion in traditionellen Möbelhäusern nicht verkauft.

Woran liegt das? Haben die Kunden kein Interesse?

Das Produkt ist noch lange nicht bekannt genug. Es kommt kein Kunde und sagt: ,Ich will ein Strohsofa.‘ Im Grunde wäre es die Aufgabe des Handels, regionale Aufklärung zu betreiben und durch Beratungskompetenz Kunden von diesem Produkt zu überzeugen. Massivholz mit Oberflächenbehandlung ohne Schadstoffe hat sich zum Beispiel durchgesetzt. Das ist schon so selbstverständlich, daß sich ein solches Produkt in jedem Möbelhaus verkaufen kann. Wir sind noch auf Fachgeschäfte angewiesen, bei denen auch das Umfeld glaubwürdig ist.

Glauben Sie denn, daß es Kunden für Polstermöbel aus nachwachsenden Rohstoffen gibt?

Ich bin sicher, daß die Zahl derer, die Neuerungen gegenüber aufgeschlossen sind und die auch wohnbiologische Aspekte berücksichtigen, weiter zunimmt. Aber neben riesenhafter Begeisterung haben wir erlebt, daß unsere Möbel gedanklich mit Strohsäcken in Verbindung gebracht und erst mal abgelehnt wurden.

Wie reagiert die Konkurrenz?

Bisher kaum. Eigentlich sind wir enttäuscht, daß sich in anderthalb Jahren so wenig getan hat. Schließlich wollen wir unser Gedankengut durchsetzen. Erst wenn Polstermöbel aus nachwachsenden Rohstoffen selbstverständlich sind, gibt es einen echten Markt. Das können wir alleine unmöglich schaffen, auch wenn wir natürlich diesen Bereich mit unserem Namen besetzen wollen – so wie Tempo bei Papiertaschentüchern.

Zieht die Politik jetzt mit?

Ich will es an einem Beispiel festmachen: Wir sitzen in einer Kommission der niedersächsischen Landesregierung, die Alternativen zu Polyurethan entwickeln soll. Da sitzen überwiegend Vertreter der chemischen Industrie oder Chemiker selbst. Die Vertreter der Naturschutzverbände sind in der Unterzahl. Uns wurde aufmerksam zugehört, dann haben die hochdekorierten und intelligenten Herren fehlende Wissenschaftlichkeit bemängelt. Den Kunden sind aber doch die Begriffe egal. Langsam frage ich mich, warum es diese Kommission überhaupt gibt. Ich befürchte, der Abschlußbericht fällt so aus, daß er wenig zu Änderungen beiträgt.