Alte Hasen ausgetauscht

■ Kroatisches Büro in Serbien eröffnet

Belgrad (taz) – Zwar flattert keine Fahne über der zukünftigen kroatischen Botschaft in Belgrad, und bisher firmiert der Bau auch schlicht als Zagreber „Büro“. Trotzdem, man zeigt wieder Verständnis füreinander, und gelegentlich kommt es gar zu plötzlichen Einsichten: „Niemand im ehemaligen Jugoslawien kann sich seines Verhaltens rühmen“, sagte zum Beispiel der kroatische Vertreter in Belgrad, Zvonimir Marković, bei seinem Amtsantritt in der letzten Woche versöhnlich und lobte den warmherzigen Empfang, der ihm bereitet wurde.

Veljko Knežević, sein serbischer Kollege in Zagreb, äußerte sich ähnlich. Am letzten Dienstag hat er sein Amt als direkter Draht der Regierung des Landes, von dem nach der alten Sprachregelung die Aggression gegen das unabhängige Kroatien ausging, angetreten. Überhaupt sind die häßlichen Worte im politischen Sprachgebrauch selten geworden. Feindseligkeiten passen derzeit wohl nicht ins Konzept, die staatstragenden Medien beider Seiten geben sich betont neutral in der Berichterstattung. So finden die derzeitigen blutigen Kämpfe zwischen kroatischen und krajinaserbischen Einheiten entlang der kroatischen Küste dort nicht statt.

Dabei sind die Personalia des Gesandtenaustausches durchaus nicht ohne Pikanterie. Zvonimir Marković, einst Zahnarzt-Kollege des ehemaligen „Präsidenten“ der selbsternannten „Serbischen Republik Krajina“ in Kroatien, Milan Babić, wird zwar in allen Medien als „guter Mensch“ vorgestellt – vor allem aber ist er ein politisch unbeschriebenes Blatt. Anders sein Zagreber Pendant Veljko Knežević, mit dem Belgrad den Kroaten einen ausgesprochenen Insider der Zagreber Politlandschaft ins Nest gesetzt hat. Knežević kann in Zagreb keiner etwas vormachen: Er war ZK-Mitglied der ehemaligen kroatischen KP und Ende der achtziger Jahre ungeliebter Intendant des Zagreber Fernsehens.

Wohl auch, weil sich die Öffentlichkeit in der kroatischen Hauptstadt ob der Belgrader Personalentscheidung schon im Vorfeld entrüstet hatte, kam man in Zagreb auf die Idee, dem Newcomer Kenžević ebenfalls einen alten Hasen der exjugoslawischen Politszene zur Seite zu stellen. Dušan Bilandjić, nominell die rechte Hand des kroatischen Vertreters in der serbischen Hauptstadt, ist poltisch eine weitaus gewichtigere Figur als sein Chef. Wie Knežević war der kroatische Serbe Mitglied der alten Garde der kroatischen Kommunisten, ehemals Mitglied im Zagreber ZK, und dort einer der Hauptideologen des Selbstverwaltungssystems. Zudem ist Bilandjić Verfasser mehrerer Werke zur Geschichte des Sozialismus.

Letztendlich schickt Zagreb also einen Serben, Belgrad einen Kroaten, und beide sind typische Alt-Apparatschiks, gewohnheitsmäßige Glorifizierer von Sozialismus und gesamtjugoslawischer „Brüderlichkeit und Einheit“. Fast möchte man vergessen, daß auf dem Weg zur Normalisierung zwischen den beiden exjugoslawischen Republiken noch ein kleines Problem liegt – Waffenstillstand hin oder her, der zukünftige Status der Krajina harrt nach wie vor seiner Lösung. Karen Thürnau