■ Die CSU kriselt – Schönhuber bald im Landtag?
: Der Preis für den Wechsel

Die Erneuerung frißt die Erneuerer. Nach dem unrühmlichen Abgang von Amigo Max Streibl hatte Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber versprochen, der christdemokratischen Skandalchronik ein Ende zu bereiten. Doch Stoiber zum Trotz gerät die Partei immer tiefer in den Sumpf: auf Streibl folgte Gauweiler, auf Gauweiler Tandler, auf Tandler schließlich der verstorbene Große Vorsitzende höchstpersönlich. Es scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis Stoiber selbst von der Vergangenheit eingeholt wird. Daß er als Chef der Münchner Staatskanzlei unter Strauß von dessen verzwickten Kapriolen nichts gewußt habe, glaube, wer will – allzu logisch klingt es nicht. Natürlich gilt auch für Stoiber grundsätzlich die Unschuldsvermutung. Doch es gibt da hoch im Norden ein Nachrichtenmagazin, dessen Meldungen auch weiterhin nicht für ausgelassene Freunde unter den CSU-Spezln sorgen werden.

Natürlich sind die Enthüllungen über Franz Josefs Herrschaft im Bayernland höchst begrüßenswert – einfach um der politischen Hygiene willen. Eine ganz andere Frage ist es, wem mit der Fortschreibung der christdemokratischen Skandalchronik eigentlich gedient ist. Im Freistaat stehen für den September Wahlen an. Daß die von den CSU-Skandalen empörte Wählerschaft nun ausgerechnet zu Grünen und/oder Sozialdemokraten überschwenkt, wäre ausgesprochen verwunderlich. Viel wahrscheinlicher ist es, daß die rechtsradikalen „Republikaner“ die Stimmen absahnen werden. Schon bei den letzten Wahlen wanderten die Proteststimmen bevorzugt an Schönhuber und Co. Wer der CSU schadet, hilft also den Rechtsradikalen – sollen wir deshalb die CSU quasi unter Naturschutz stellen?

Nein. Was raus muß, muß raus. Das Desaster der CSU ist eben mehr als Lafontaine mit Rotlicht, Krause mit Putzfrau oder Möllemann mit Briefkopf. Es hat System. Der CSU ist trotz und wegen dieses Systems jahrzehntelang gelungen, ein potentiell rechtsextremistisches Wählerpotential an eine demokratische Partei zu binden. Daß dieses Potential nun, da die Partei in der größten Krise ihrer Existenz steckt, frei wird, kann niemanden verwundern. Es ist aber auch kaum zu verhindern. Die CSU wird, so wie es jetzt steht, im Herbst ihre absolute Mehrheit verlieren. Die „Republikaner“ werden in den Münchner Landtag einziehen. Das ist der Preis für einen überfälligen Machtwechsel in Bayern. Klaus Hillenbrand