Massive Kritik an bayerischen Abschiebeplänen

■ Justizministerin hält Abschiebung von Kurden in die Türkei für nicht zulässig / Kinkel appelliert an die Türkei, keine deutschen Waffen gegen Kurden einzusetzen

München/Bonn (dpa/AP/taz) – Trotz bundesweiter Proteste und Zweifel an der Rechtmäßigkeit setzen die bayerischen Behörden ihre Vorbereitungen zur Abschiebung militanter Kurden in die Türkei fort. Am Ostersamstag erging der dritte Ausweisungsbescheid an einen Kurden, der an einer Autobahnblockade bei Augsburg beteiligt gewesen sein soll. Bereits zwei Tage zuvor waren die ersten beiden Ausweisungsverfügungen ergangen.

Nach Angaben des Innenministeriums in München ordneten die Ausländerbehörden Sofortvollzug an. Die Betroffenen müßten nun einen Antrag auf aufschiebende Wirkung beim Verwaltungsgericht Augsburg stellen. Insgesamt befinden sich noch 13 Kurden, die bei den Krawallen im Raum Augsburg festgenommen wurden, in Haft. Gegen 500 weitere wird ermittelt.

Die Ausweisungsbescheide wurden von Liberalen, Sozialdemokraten, Grünen und Gewerkschaftern kritisiert. Nach Ansicht von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) dürfe nicht abgeschoben werden, „wenn und solange nur die geringste Gefahr besteht, daß der zurückzuführenden Person Folter oder Tod drohen“. Die Türkei gelte im Asylrecht nicht als „sicheres Herkunftsland“.

Nach Ansicht der SPD-Politikerin Herta Däubler-Gmelin müsse erst eine Verurteilung vorliegen, bevor ein Ausweisungsverfahren überhaupt in Gang gesetzt werden könne. Kurden dürften auf keinen Fall abgeschoben werden, wenn nicht in jedem Einzelfall Garantien der Türkei für einen fairen Prozeß und den Verzicht auf Folter und Todesstrafe vorlägen.

IG-Metall-Vorstandsmitglied Yilmaz Karahsan kritisierte auf einer Kundgebung Bundesinnenminister Kanther, der mit seiner Ausweisungsinitiative das gesellschaftliche Klima vergifte.

Ungeteilte Zustimmung löste die bayerische Entscheidung dagegen beim türkischen Botschafter in Bonn, Onur Öymen, aus: Er hoffe, daß alle Politiker in Deutschland „denselben Mut“ zeigten. Die Türkei sei ein „Rechtsstaat wie Deutschland“.

Nach der wachsenden Kritik an deutschen Waffenlieferungen in die Türkei hat Außenminister Klaus Kinkel (FDP) Ankara neuerlich ermahnt, keine deutschen Waffen gegen die PKK einzusetzen. Hierzu habe sich die türkische Regierung im Juni 1992 schriftlich verpflichtet. Die Türkei müsse jetzt „alles tun, um diese Verpflichtung einzuhalten“.

Demgegenüber hatte der türkische Verteidigungsminister Mehmet Gölhan am Wochenende erklärt, deutsche Waffen würden zwar nicht gegen das kurdische Volk, wohl aber gegen die PKK eingesetzt. Später wurde diese Äußerung durch die türkische Botschaft in Bonn dementiert.

Nach Angaben des CDU-Bundestagsabgeordneten Klaus Francke wird sich der Auswärtige Ausschuß des Bundestages am 13. April mit der Debatte um den Einsatz deutscher Waffen im Kurdenkonflikt befassen. Die Bundesregierung werde dann zu diesem Thema Stellung nehmen.