Galgenfrist für syrische Familie

■ Proteste und „Kirchenasyl“-Angebot in Grohn hatten fürs erste Erfolg: Bremer Innensenator gewährt der syrischen Familie Hanna einen letzten Aufschub,

Auf Dauer dulden will die Bremer Innenbehörde die seit sechs Jahren in Grohn lebende syrische Familie nicht. Aber immerhin hat sie gestern in letzter Minute das Abschiebedatum um eine weitere Woche verschoben. Diese Schonfrist solle die Familie nutzen, um einen sogenannten Asylfolgeantrag beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zu stellen, sagt die Ressortsprecherin Merve Pagenhardt. Das Bremer Ressort sieht sich damit endgültig nicht zuständig für den Fall der fünfköpfigen Familie.

Einen Asylfolgeantrag können Flüchtlinge stellen, wenn sich die Sachlage im Herkunftsland verändert hat, etwa durch einen Umsturz. Dann prüft das Bundesamt erneut auf Asylberechtigung. Die Änderung der Sachlage im Fall Syrien besteht hierin: Mehrere Menschenrechtsorganisationen, unter anderem Amnesty International, berichten vermehrt seit etwa einem Jahr von systematischer Folterungen abgeschobener AsylbewerberInnen nach der Ankunft in Syrien. Dabei werde mittlerweile nicht mehr unterschieden, ob die Abgeschobenen politische Oppositionelle sind oder „nur“ einen Asylantrag im Ausland gestellt haben. Familienvater Hanna war politisch nicht tätig, hat sich jedoch durch Flucht den immer unverschämteren Forderungen des Geheimdienstes nach Spitzeltätigkeiten entzogen.

Für einen solchen Asylfolgeantrag sieht das Bremer Innenressort durchaus Chancen. Mehrere Gerichte haben mittlerweile auf Grundlage solcher Berichte die Abschiebung von syrischen Staatsangehörigen für rechtswidrig erklärt, etwa das Verwaltungsgericht Stuttgart oder das Verwaltungsgericht Ansbach oder das Verwaltungsgericht Oldenburg (Entscheidung vom 16.Februar 1994).

Eigentlich hatten sich die Anwälte der Familie den Asylfolgeantrag als letzten Pfeil im Köcher aufgespart. „Wir wollten eigentlich den Bremer Innensenator in die Pflicht nehemen“, sagt Anwalt Bernhard Docke, damit der einen generellen Abschiebestop für christliche SyrerInnen ausspricht – zum Beispiel. Oder nach Paragraph 53 des Ausländergesetzes die drohende Folter als Abschiebehindernis anerkennen können. „Aber man zierte sich hier sehr, Präzedenzfälle zu schaffen“, sagt Anwalt Bernhard Docke.

Solange der Asylfolgeantrag läuft, ist die Familie Hanna vor Abschiebung sicher. Aber das sei ja nur eine Art Galgenfrist, sagen die Grohner UnterstützerInnen der Familie. Und die katholische Kirche zur Heiligen Familie hält weiterhin ihr Angebot aufrecht: Zuflucht in den Räumen der Kirche. cis