"Columbia-Haus": Hickhack um Mahnmal

■ Die zukünftige "Gedenkstätte Columbia-Haus" wäre das erste Mahnmal in Berlin, das an KZ-Opfer erinnert / Finanzierung aber noch nicht gesichert / Bewilligte Mittel stehen nicht mehr zur Verfügung

Der Columbiadamm ist eine Straße mit nur wenigen Wohnhäusern und Geschäften, ohne Leben. Fast immer mit Autos verstopft, ist der Damm eine Verbindung zwischen Tempelhof und Neukölln, eingesäumt vom Flughafen Tempelhof im Süden und der Hasenheide im Norden. Daß hier schräg gegenüber der Golßener Straße ein Konzentrationslager stand, in dem von 1933 bis 1936 ungefähr 8.000 männliche Häftlinge inhaftiert, gefoltert, gequält und zum Teil ermordet worden sind – davon ist heute nichts mehr zu sehen.

Das „Columbia-Haus“ am Rande des Tempelhofer Feldes, wie das KZ damals offiziell und inoffiziell genannt wurde, war eine Art Nebenstelle des Gefängnisses der Gestapo in der Prinz-Albrecht- Straße. Hier wurden in dem ehemaligen Militärgefängnis politische Häflinge, aber auch zahlreiche Homosexuelle und ehemalige SA-Angehörige inhaftiert. Erich Honecker saß für kurze Zeit im „Columbia-Haus“, ebenso Werner Seelenbinder, Deutscher Meister im Ringen 1935.

Im „Columbia-Haus“ wurden zahlreiche SS-Männer für größere Konzentrationslager „ausgebildet“, beispielsweise Arthur Liebehenschel, der 1943 Kommandant in Auschwitz und später in Lublin- Majdanek wurde.

1936 wurde das Konzentrationslager aufgelöst und abgerissen, denn die nationalsozialistische Führung wollte den Flughafen Tempelhof weiter ausbauen lassen. Die Insassen wurden nach Sachsenhausen gebracht, um dort unter „Bächen von Schweiß und Strömen von Blut“ – so ein Häftling – das Lager Sachsenhausen zu errichten.

Heute erinnert nichts mehr an das Berliner KZ. Das soll sich jetzt ändern: Fast sechs Jahre nach dem Beschluß der Tempelhofer Bezirksverordnetenversammlung (BVV) an der Stelle des früheren „Columbia-Hauses“ ein Mahnmal aufzustellen, hat die Abteilung Bauwesen jetzt endlich einen nach ihrer Ansicht „geeigneten“ Standort gefunden.

Wegen „verkehrstechnischer“ Bedenken des Tempelhofer Tiefbauamts konnte das von Georg Seibert entworfene Mahnmal 1988 nicht an der ursprünglichen Stelle des „Columbia-Hauses“, heute ein Grünstreifen, aufgestellt werden. Begründung des Tiefbauamtes: RadfahrerInnen könnten gefährdet werden, da das Mahnmal – ein „Haus“, mit plastischen Zitaten und Trennwänden, die Gefängnistüren symbolisieren sollen, versehen – direkt an einen Fahrradweg grenzen würde.

Auch die Alliierten stellten sich stur: Der Versuch, das Mahnmal einige Meter weiter auf dem sich damals noch in amerikanischer Hand befindlichen Flughafen zu errichten, wurde aus „Sicherheitsgründen“ abgelehnt.

Alles faule Ausreden? Stefan Zwingel von den Tempelhofer Jungsozialisten, der sich vehement für das Mahnmal einsetzt: „Die Behörden sind wirklich lahm und bürokratisch. Mit ein bißchen mehr Freude an der Sache wäre es bestimmt schneller gegangen.“ Nach sechs Jahren Hickhack soll Georg Seiberts „Haus“ jetzt auf der nördlichen Seite des Columbiadamms aufgestellt werden. Einen Haken gibt es aber noch: Die ursprünglich einmal bewilligten Mittel – das Mahnmal kostet rund 100.000 Mark — stehen jetzt nicht mehr zu Verfügung. Der Tempelhofer Volksbildungsstadtrat Klaus Wowereit (SPD) hofft aber trotzdem, „daß das Projekt 1994 realisiert werden kann“. „Verbindliche Zusagen“ könne er nicht machen, aber „wir werden versuchen, die Finanzierung in diesem Haushaltsjahr sicherzustellen“.

Für Stefan Zwingel ist der geplante Aufstellungsort nur ein „Provisorium“. Der Sprecher des Landesarbeitskreises Antifaschismus der Berliner Jusos möchte, falls der Flughafen geschlossen wird und wie im Flächennutzungsplan (FNP) ausgewiesen, dort ein Wohngebiet gebaut wird, zusätzlich eine Begegnungsstätte entstehen lassen. Das Mahnmal sollte dann im Wohngebiet integriert werden. Dort wird es dann nach Vorstellung von Stefan Zwingel eine Bibliothek, Ausstellungen, Veranstaltungen für Schulklassen und auch eine Mensa geben. Die zukünftige „Gedenkstätte Columbia-Haus“ mit Begegnungszentrum wäre dann, so der Juso-Sprecher, „die erste in Berlin, die an KZ-Opfer erinnert“. Julia Naumann