Ein ermüdender „Krieg“

Spielervermittler von Japan bis Belgien grasen den afrikanischen Fußballmarkt ab  ■ Aus Tunis Christoph Biermann

Gut gelaunt begrüßen sich Willi und Willy auf der Tribüne des Stadions El Menzah in Tunis, und kleine Sticheleien gehören dazu. „Neben dich setz' ich mich nicht, du Gauner.“ Aber dann stecken die beiden Spielervermittler Willi Hoppen aus Linz am Rhein und der Belgier Willy Pluym natürlich doch die Köpfe zusammen und betreiben Branchenklatsch. Diesem Vereinschef in Belgien steht das Wasser so weit bis zum Hals, daß auch schon mal ein Scheck platzt, und mit jenem deutschen Zweitligamanager sind überhaupt keine Geschäfte zu machen. Die Fußballspiele der diesjährigen Afrikameisterschaft lenken sie von ihrer Fachsimpelei nicht so sehr ab.

„Solch ein Turnier zu besuchen, lohnt sich eigentlich gar nicht mehr“, meint Willy Pluym. „Die guten Spieler sind bereits in Europa. Um unbekannte Talente zu finden, muß man sich die Spiele um die afrikanischen Vereinspokale anschauen.“ Die Goldrausch- Stimmung, die bei der letzten Afrikameisterschaft vor zwei Jahren im Senegal noch herrschte, ist heute verflogen. Damals balgten sich noch fünf Dutzend Vermittler um die afrikanischen Talente, heute ist es noch etwa die Hälfte. Damals träumten noch viele davon, Superstars für Schleuderpreise einzukaufen, um sie mit riesigem Aufschlag an europäische Klubs weiterzugeben. Doch das große Geschäft machten eben nur wenige.

Heute herrscht Nüchternheit vor. Der Markt ist verteilt und schrumpft zur Zeit. Auch Willi Hoppen, im bürgerlichen Leben Versicherungsvertreter, ist mit vorgeblich bescheidenen Ambitionen angereist: „Ich konzentriere mich allein auf Adel Sellini.“ Den 22jährigen tunesischen Stürmer hatte er bereits vor dem Turnier per Fax in Deutschland angeboten, jedoch ohne große Resonanz. „Deutsche Klubs stehen afrikanischen Spielern immer noch relativ reserviert gegenüber. Und wenn sie aus frankophonen Ländern kommen, sind ihre Chancen noch kleiner, weil die meisten deutschen Trainer nicht französisch sprechen.“

Aber auch da, wo es diese Verständigungsschwierigkeiten nicht gibt, bestehen Vorbehalte. Jean- Pierre Kindermans, Beobachter des belgischen Spitzenklubs RSC Anderlecht, meint: „Es gibt zu viele Eingewöhnungsschwierigkeiten für afrikanische Spieler.“ Neben dem Sprung in eine andere Kultur ist für ihn vor allem die, bei allem spielerischen Talent, mangelnde taktische Schulung ein Problem. „Wir brauchen junge Spieler, die das nötige Talent mitbringen und dann von uns gründlich ausgebildet werden.“ Das sehen inzwischen viele Klubs in Europa so.

Ganz vorne, um an dieser Entwicklung mitzuverdienen, ist der Italiener Domenico Ricci mit seinem African Football Management. Der ehemalige Profi bei Lazio Rom und zwischenzeitliche Rockmusik-Journalist machte sich einen Namen dadurch, daß er vor drei Jahren die drei ghanaischen Jugendspieler Gargo, Duah und Kufor für 1,5 Millionen Dollar zum AC Turin transferieren half. Mit Hilfe des Holländers Ruud Bonewit, der in der Nähe von Nürnberg lebt, sind zuletzt auch ghanaische Jugendspieler nach Deutschland vermittelt worden. „Gargo gehört jetzt Borussia Dortmund, drei weitere Jugendliche sind auch dort, und Franz Beckenbauer will unbedingt Kufor haben, der in der Jugend von Bayern München trainiert“, behauptet Domenico Ricci. Doch obwohl das Unternehmen, dem der italienische Rechtsanwalt Covani vorsteht, prosperiert, wirkt Ricci eher gestreßt. „In zwei Jahren ist Schluß damit.“ Die Arbeit eines Spielervermittlers empfindet er als „Krieg, der mich müde macht“.

Vielleicht fehlt ihm dazu das Naturell eines Willi Hoppen. Während der plaudernd und dauerlächelnd auf der Tribüne Desinteresse spielt, naht ein Beobachter aus der japanischen Liga. Ein Klub aus Hiroshima ist am 30jährigen Sambier Kalusha Bwalya vom PSV Eindhoven interessiert. Käme es zu einem Transfer, wäre Kalusha der erste Afrikaner in der J-League, und ein ganz neuer Markt könnte das stagnierende Geschäft mit den Afrikanern beleben. Weil Hoppen mit dem Sambier schon seit Jahren geschäftlich verbunden ist, könnte seine Reise nach Tunesien doch noch ein Riesenerfolg werden. Und dann hätte Willi beim nächsten Mal Willy einiges zu erzählen.