■ Cash & Crash
: Self-fulfilling Prophecy

Berlin (taz) – Die New Yorker Spekulanten können sich nicht so recht mit den US-amerikanischen Arbeitslosen freuen. 456.000 neue Jobs vermeldet die März-Statistik. Mit sieben Prozent wächst die US-Wirtschaft so schnell wie schon seit 1984 nicht mehr. Aber statt in freudiges Kauffieber zu geraten ob dieser wirtschaftlichen Erholung, verfielen die Investoren in tiefe Depression.

Da die Börse am Karfreitag geschlossen blieb, traf es zuerst den Anleihenmarkt. Innerhalb von zwei Handelstagen büßten 30jährige US-Staatsanleihen 3,5 Punkte ihres Werts ein. Die langfristigen Zinsen stiegen damit auf 7,6 Prozent. Dann folgten die Aktien: An der New Yorker Börse fand am Montag der heftigste Kursrutsch seit 1989 statt. Bis zum Wochenende hatte der Dow-Jones-Index schon 8,6 Prozent verloren, am Montag waren es dann noch einmal 1,2 Prozent. Ein stärkerer Kursverfall wurde nur durch eine Börsenregel verhindert, durch die bei hohen Kursverlusten einige Aktiengeschäfte ausgesetzt werden. Fast 400 Millionen Aktien wechselten allein an einem Tag den Besitzer.

Der Grund für die Krisenstimmung: Wenn die US-Wirtschaft so boomt, wenn so viele Amerikaner in Lohn und Brot stehen und ihren Lohn womöglich gleich wieder ausgeben, dann droht Inflation. Um den Preisanstieg zu bekämpfen, wird die US- Notenbank die Zinsen erhöhen. Seit Februar ist dies bereits zweimal geschehen, und jedesmal brachen danach die Aktienkurse kräftig ein, denn hohe Zinsen sind Gift für Aktien.

Viele Börsenbroker sind überzeugt, daß die Aktien an der Wall Street inzwischen einfach überbewertet seien. Zwischen Sommer 1990 und Anfang 1994 war der Dow-Jones-Index gestiegen und gestiegen, insgesamt um fast 38 Prozent. Wenn nun aber die US-Konjunktur wieder anzieht, dann nehmen Investoren ihr auf den Finanzmärkten geparktes Geld und stecken es in die reale Wirtschaft, in Fabriken und die boomende Serviceindustrie. Mangels Nachfrage sinken folglich die Wertpapierpreise.

Eine Kurskorrektur von 10 bis 15 Prozent halten viele daher für unausweichlich, so auch die bekannte Börsenanalystin Elaine Garzarelli, die schon den Börsencrash von 1987 vorausgesagt hatte. Wenn aber die Gurus und Guruinnen sinkende Kurse weissagen, dann haben sie damit meistens recht. Denn dann rennen alle zur Börse und wollen ihre Aktien schnell loswerden. Nicola Liebert