Auf Verdacht gekündigt

■ Krankenschwester fristlos entlassen / Sie soll ein Interview über Drogenhandel am RVK gegeben haben / Betroffene weist Vorwurf zurück / Klinikleitung schließt "Fehlinformation" nicht aus

Im Zusammenhang mit dem angeblichen Drogenhandel von MitarbeiterInnen des Rudolf-Virchow-Krankenhauses (RVK) hat die Klinikleitung die 26jährige Krankenschwester Sybille Feist fristlos entlassen. Sie stehe „im dringenden Verdacht“, r.s. 2 am 24. März ein Interview gegeben zu haben, in dem sie berichtet habe, daß sie und weitere KollegInnen Drogen nähmen und in der Klinik gestohlenes Polamidon am Bahnhof Zoo verkaufen würden, sagte der ärztliche Leiter Eckart Köttgen gegenüber der taz. „Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ handle es sich bei der Interviewten um Sybille Feist. „Mehrere Mitarbeiter“ hätten ihre Stimme erkannt. Der Verdacht auf eine schwere kriminelle Handlung reiche für eine Verdachtskündigung aus. Der Personalrat hat der Kündigung am 31. März zugestimmt.

Die Betroffene erklärte gegenüber der taz, sie habe „vollkommen unschuldig“ ihren Job verloren. Sie sei keineswegs identisch mit der Interviewten, die unter dem Decknamen Susanne auftrat. In der Tat gibt es einige Unstimmigkeiten. Zum einen arbeitet Sybille Feist auf einer Intensivstation. Hier gibt es weder den Drogenersatzstoff Polamidon, noch werden – wie in dem r.s. 2-Interview beschrieben – Tabletten oral verabreicht. Dies bestätigte auch die Klinikleitung. Doch dies sei für die Verdachtskündigung „nicht relevant“. Eine schriftliche Mitteilung von r.s. 2 an die Klinikleitung, daß Sybille Feist nicht mit „Susanne“ identisch sei, bezeichnete Köttgen als „unseriös“, weil unter anderem Feists Name falsch geschrieben sei. Auch von der Pressekonferenz, bei der der Radio-Reporter in Anwesenheit von Sybille Feist mit „Susanne“ telefonierte, zeigte sich Köttgen unbeeindruckt. In der jetzigen Situation müsse die Klinikleitung „das Risiko eingehen, Handlungen zu begehen, die sich später als nicht begründet erweisen,“ räumte er ein. „Ich schließe nicht aus, daß ich einer Fehlinformation aufsitze.“ Falls dies zutreffe, werde er Sybille Feist „Gerechtigkeit widerfahren lassen“.

„Die angeblich andere Mitarbeiterin nimmt es offenbar sehr gelassen, daß einer Kollegin wegen ihr gekündigt wird“, sagte Köttgen weiter. „Wenn sie einen Funken Anstand besitzt, sollte sie sich jetzt melden und sagen, ich war's.“ Er erwarte, daß im Zuge der Ermittlungen eine vergleichende Sprachprobe von „Susanne“ und Sybille vorgenommen werde. Bislang wurde Sybille Feist allerdings noch nicht einmal vernommen, wie Ermittler Michael Grasse bestätigte.

Die Krankenschwester, die seit vier Jahren am Virchow-Krankenhaus arbeitet und dort auch ausgebildet wurde, will gegen ihre Entlassung klagen. Außerdem verlangt sie, daß die Kündigung zurückgenommen wird, bis die Angelegenheit aufgeklärt sei. Dorothee Winden