Katzenjammer, rote Karten und Kopfschütteln

■ Freude und Enttäuschung wegen der englischen Absage des Länderspiels / Bündnis hält an Demonstration am Samstag fest

Die Absage des Länderspiels am 20. April durch den englischen Fußballverband hat gestern unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Während der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) die Absage „außerordentlich“ bedauerte und darauf hinwies, daß das Spiel auch als Teil der Verabschiedungsfeste für die Alliierten angesehen wurde, sah der CDU- Abgeordnete Dieter Hapel in der Entscheidung einen „Erfolg der Extremisten“: Zum zweiten Mal nach der Olympiabewerbung, so der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, sei „der linksradikalen Szene ein Schlag gegen die Sportstadt Berlin geglückt“.

Bedauern gab es auch von SPD und FDP. Der sportpolitische Sprecher der Sozialdemokraten, Klaus Böger, erklärte, mit der Absage habe auch „die Idee der offenen und demokratischen Gesellschaft verloren“. FDP-Fraktionsmitglied Axel Hahn beklagte, daß der Rechtsstaat vor einigen wenigen Extremisten zurückgewichen sei. Damit sei jenen Kräften weit mehr politisches Gewicht verliehen worden als ihnen zukomme.

Begrüßt wurde die Absage dagegen von Bündnis 90/Die Grünen. Der englische Fußballverband habe mehr politische Sensibilität als der Berliner Senat bewiesen, der das „Niveau des Berliner Fußballs – auf Abstiegsplätzen in der zweiten Liga – noch unterschritten“ habe. Die PDS sprach von der englischen Entscheidung als „Zeichen später Vernunft“.

Schelte für die Länderspielgegner gab es dagegen vom Präsident des Landessportbunds, Manfred von Richthofen: „Linke Bedenkenträger“, sagte er, würden den Sport nicht mehr als Plattform der Völkerverständigung ansehen und unterstützten damit indirekt die Krawallbrüder aus der rechten Szene. Der Geschäftsführer des Berliner Fußballverbandes (BFV), Rainer Gentz, erklärte, mit der Entscheidung seien der Fußball und der Sport erpreßbar geworden. Mit Erleichterung nahm dagegen die Gewerkschaft der Polizei (GdP) die Entscheidung auf. „Wir hoffen nun, daß sich das Problem der Neonazis am 20. April relativiert“, sagte der stellvertretende GdP-Vorsitzende Eberhard Schönberg. Zu guter Letzt Freude auch bei der Hotel- und Gaststätten-Innung: Randale und rechte Ausschreitungen hätten unnötigerweise ein schlechtes Bild auf Berlin geworfen.

Als „zweischneidig“ bezeichnete dagegen der Sprecher des türkischen Elternvereins, Aydin, die Absage: „Auf der einen Seite sind wir erleichtert“, sagte er. Um gegen die Rechten Flagge zeigen zu können, hätte das Spiel andererseits stattfinden müssen. Unterdessen kündigte das Bündnis „Kein Länderspiel am 20. April“ an, daß die für diesen Samstag geplante Demonstration trotzdem stattfinden werde. Auch ohne Länderspiel sei am 20. April mit „faschistischen Mobilisierungen und Anschlägen zu rechnen“. Die Demonstration bilde den Auftakt zu einer antirassistischen Aktionswoche, die bis zum 1. Mai andauern werde. Die Polizei will am 20. April nun „anlaßbezogen reagieren“. Wie ein Polizeisprecher gegenüber der taz erklärte, werde man bei Neonaziaufmärschen wie an jedem 20. April die entsprechenden polizeilichen Maßnahmen einleiten. Uwe Rada

Siehe Berichte auf Seite 1 und 4