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Das multifunktionale Stadtschloß

■ Schloßverein schlägt Kohl vor: Außenamt in neuen Südflügel des rekonstruierten Barockbaus unterbringen / Palast der Republik soll Galgenfrist bis 2006 erhalten

Kaum treibt der Frühling den Saft in die Sträucher, schießen wieder die Berliner Schloßträume ins Kraut. Das künftige Außenamt, gerade erst wegen knapper Finanzen aus einem geplanten Neubau in Berlin-Mitte ins Quartier Napoleon verbannt, sollte seinen Standort hinter der rekonstruierten Schloßfassade erhalten. Das hat die „Gesellschaft zum Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses e.V.“ in einem Schreiben an Bundeskanzler Helmut Kohl angeregt. Die Initiative zum Wiederaufbau des Stadtschlosses reagiert damit auf eine Bitte des Bundeskanzlers, der um Nutzungsvorschläge für den Standort auf der Spreeinsel nachgefragt hatte. Kohl, der sich in der Vergangenheit im Streit um die Gestaltung des Gebiets am Marx-Engels-Platz zurückhaltend geäußert hatte, „will nun selbst wissen, was dort geplant werden kann“, sagte die Sprecherin des Bonner Presseamtes, von Brauchitsch, zur taz. Die Überlegungen zur Schloßrekonstruktion werden nach den Osterferien im Kanzleramt geprüft.

In dem Kohl-Brief drängt der Schloßverein darauf, in einem ersten Bauabschnitt die „repräsentativen Räume“ des Außenministers im altneuen „Südflügel“ des Schlosses unterzubringen. „Unser Vorschlag möchte das Schloß seiner ursprünglichen Bestimmung als Sitz der Regierung zurückgeben“, so der Vorsitzende des Aufbauvereins, Harms.

Die zusätzlichen Kosten der Fassade in einer Höhe von 25 Millionen Mark hofft die Gesellschaft mit privaten Geldern finanzieren zu können.

In einem zweiten Bauabschnitt soll die westlich angrenzende Hauptfront des Schlosses hochgezogen werden, hinter der Räume für Staatsempfänge der Bundesregierung eingerichtet werden könnten. In einer dritten Bauphase schließlich ist vorgesehen, den Nordflügel gegenüber dem Dom und die Spreeseite auf dem Areal des Palastes der Republik zu realisieren.

Die Aufteilung in drei Bauphasen eröffne die Chance, „die noch brauchbaren Teile des Palastes vom Asbest zu sanieren und befristet zu nutzen, statt sie zum Ärger vieler Ostberliner sofort abzureißen“, bemerkte Harms.

An der spreeseitigen Stelle sollte das Stadtschloß mit Veranstaltungsräumen die Traditionen des „Volkshauses“ Palast der Republik fortsetzten. Der Hintergrund des Nutzungsvorschlags sei die Befürchtung, die Mitte der Stadt würde aus Kostengründen gar nicht bebaut werden und „lange Zeit leer bleiben“, heißt es beim Verein.

Im Bonner Außenamt selbst gibt man sich gegenüber den Vorschlägen reserviert. Es sei fraglich, ob die Schloßräume den funktionalen Anforderungen des Ministeriums genügten, sagte ein Sprecher. Parameter bei der Standortfrage des Außenamtes blieben die Suche nach einem zentralen Standort in Berlin und die Unterbringung des Ministeriums in einem ausreichend großen Haus. Eine Aufteilung in verschiedene Gebäude wäre keine gute Lösung. Die Schloßidee würde „mit Sicherheit“ die Nutzung anderer Gebäude notwendig machen. Rolf Lautenschläger

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