■ Press-Schlag
: Verhinderte Meister

Auch Staatsminister Joschka Fischer ist passionierter Masochist – als treuer Fan der Eintracht aus Frankfurt/ Main. „Wer sich für die Eintracht entschieden hat, muß aus Leid neue Hoffnungen schöpfen können“, philosophierte der Bündnisgrüne schon nach dem Sturz der Uneinträchtigen von der Tabellenspitze. Wahre Worte aus der Ehrenloge. Doch nicht nur aus dem VIP-Block heraus flohen in den letzten Wochen immer mehr Menschen bereits vor dem Abpfiff in die Katakomben des Stadions, um ihren Kummer in Freibier (VIPs) oder Kräuterlikör zu ertränken. Schließlich geht der Jägermeister der Woche an die Eintracht, weil nach der 1:2-Heimspielpleite gegen Duisburg klar ist, daß die Mannschaft für alle Zeiten der verhinderte Meister der Liga sein wird.

Wachturm-fest wie die Zeugen Jehovas standen die „Zeugen Yeboahs“ bis zur „schmerzlichsten Niederlage in sieben Jahren“ (Uli Stein) – am vergangenen Sonnabend in Leipzig – hinter Stein und Bein und all den anderen „begnadigten Körpern“ (Badesalz) aus dem Team, das zum Ende der Hinrunde der Liga die Tabelle noch mit fünf Punkten Vorsprung angeführt hatte. Aber nach der peinlichen 0:1-Niederlage im Zentralstadion verschafften die mitgereisten echten Tifosi vom Main dem aufgestauten Leidensdruck leidenschaftlich Luft: „Ihr seid keine Frankfurter – ihr seit Verräter“, skandierten die gequälten Kreaturen.

Doch noch war nicht alles Asche in ihren schwarz-roten Herzen. Das Fünkchen Hoffnung, das dort noch glomm, hatte einen Namen: Anthony Yeboah. Der begnadete Torjäger, der für die „Schande von Leipzig“ (Fan) keine Verantwortung trug, weil er in Tunesien (Afrika-Cup) für Ghana kicken mußte, sollte gegen Duisburg glänzen – und die Eintracht wieder an die Lederhosen heranführen. Spielführer Ulrich Stein gab schon am Dienstag die Parole für Donnerstag aus: „Mit dem Herzen kämpfen.“ Die vermeintlichen Luschen von Leipzig – Falkenmayer, Binz und Furtok – wurden von Trainer Toppmöller auf die Tribüne verbannt. Die jungen Löwen Hagner und Reis aus der Hessenliga sollten gegen die Zebras Herz zeigen. Und der schon ausgemusterte Mihajlovic bekam – an der Seite von Yeboah – eine neue Chance in diesem Fußballerleben.

Er hat sie nicht genutzt. Und Yeboah gelang nur ein kurioses Tor. Zuwenig für einen Sieg gegen Duisburg/ Weidemann (1:2). Zuwenig auch für den prognostizierten „letzten Sprung“ auf den Meisterschaftszug. Und viel zu wenig für die gepeinigten Seelen der 24.000 ZuschauerInnen: Ab zu Freibier und Kräuterlikör. Aber wenn wir am Sonnabend die Bayern in München schlagen? Und wenn die Bayern noch ein Spiel verlieren? Wenn, wenn, wenn... Vielleicht, wenn die Mannschaft nicht Eintracht Frankfurt hieße. kpk