Zum vereinbarten Termin kam keiner

■ Waffenstillstandsverhandlungen für Bosnien geplatzt / „Befreiung“ Goraždes ist nach Berichten des bosnisch-serbischen Fernsehens nur noch eine „Frage der Zeit“

Genf (taz) – Das Hin und Her um die von serbischen Truppen belagerte ostbosnische Stadt Goražde geht weiter: Gestern platzten in Sarajevo Waffenstillstandsverhandlungen für die umkämpfte Stadt sowie für ganz Bosnien.

Unter Vermittlung des Oberkommandierenden der Unprofor in Bosnien, General Rose, sollten die Verhandlungen zwischen den Oberkommandierenden der bosnischen Regierungsarmee und der bosnischen Serben, Delić und Mladić, gestern morgen am Flughafen von Sarajevo beginnen. Zum vereinbarten Zeitpunkt war jedoch zunächst keiner der beiden erschienen.

Grund für die Verzögerung waren neue Bedingungen. In getrennten Gesprächen mit Delić und Mladić bemühte sich Rose daraufhin, beide Seiten ohne Vorbedingungen an den Verhandlungstisch zu bringen. Mladić weigerte sich jedoch, die Vorbedingung Delićs für direkte Verhandlungen zu akzeptieren und die serbischen Belagerungstruppen aus der unmittelbaren Umgebung Goraždes zurückzuziehen.

Mit den Worten „Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis alles befreit ist“, berichtet das bosnisch-serbische Fernsehen gestern von der Offensive der Serben gegen Goražde.

Am Mittwoch hatten Einheiten der bosnischen Serben Rose an der Fahrt nach Goražde gehindert. Dieser wollte sich dort einen eigenen Eindruck von der Lage in der Stadt verschaffen. Dies war besonders dringend, weil dem UNO-Sicherheitsrat bislang widersprüchliche Berichte über die Situation in der „UNO-Schutzzone“ vorliegen. „Schwere Regenfälle“ hätten die Weiterfahrt des Unprofor-Kommandeurs unmöglich gemacht, erklärten die Serben. Im Widerspruch zu dieser Begründung stand jedoch, daß elf Begleitsoldaten Roses ihre Fahrt nach Goražde fortsetzen konnten. In verschiedenen Interviews erklärte Rose, daß nicht das Wetter, sondern die Serben seine Fahrt nach Goražde verhindert hätten.

Die bosnische Regierung hält weiterhin daran fest, daß Goražde wie die beiden anderen muslimischen Enklaven in Ostbosnien, Zepa und Srebenica, zum künftigen Staatsgebiet der von den USA vermittelten muslimisch-kroatischen Föderation gehören sollen. Zu weiteren Vermittlungsversuchen zwischen den bosnischen Serben und der muslimisch-kroatischen Föderation begab sich der Bosnien-Beauftragte der Clinton- Administration, Redman, gestern wieder nach Ex-Jugoslawien. Am Abend zuvor hatte der UNO-Sicherheitsrat den Beschuß Goraždes verurteilt, den Serben jedoch keine Vergeltungsmaßnahmen angedroht. Andreas Zumach