Bürokratiekritik - billig und falsch -betr.: "Lieber Anschiß von oben als Dienstweg", taz vom 5.4.94

Betr.: „Lieber Anschiß von oben als Dienstweg“, taz vom 5.4.

Offensichtlich ist die pauschalierende Bürokratie-Kritik auch bei Journalisten mit anerkannt gutem Ruf immer wieder beliebt. Wenn Bürokratie-Kritik, dann aber bitte mit korrekter Darstellung der Tatsachen und vollständiger Information über die bereits eingeleiteten Veränderungen. Die von ihnen benannten Beispiele „Regal“ und „Videokamera“ gehören nicht zur Zuständigkeit der SKP, sondern zum Hochbauamt (Büromöbel) und zur Landesbildstelle (Videokamera)-übrigens beim Bildungssenator selbst. Bei Büromöbeln gibt es lediglich einen Beschaffungskatalog, in den nach Kriterien des Gesundheitsschutzes, der Haltbarkeit, der Preise und der Rabatterzielung verschiedene Möbel aufgenommen worden sind. Davon kann nach erfolgter Ausschreibung durchaus abgewichen werden. Die Beschaffung macht die jeweilige Behörde dann selbst.

Auch hat die SKP keine Beschaffungsabteilung, sondern lediglich drei Sachbearbeiter für die Beschaffung von Büromaterial und Hard- und Software für Bürotechnik für den gesamten öffentlichen Dienst sowie Dienstkleidung für 6000 Bediensteten des Landes und der Stadt Bremen. Die Beschaffung der Dienstkleidung wird kurzfristig im Rahmen der Neuordnung der Beschaffung zum Interessenort verlagert werden.

Das zum Sachverhalt! Offensichtlich ist es aber immer wieder der geniale Ausweg aus eigenen Problemen, der SKP die Schuld in die Schuhe zu schieben. Das lenkt so schön von eigener Untätigkeit ab. Herr Holtermann als Verfechter der Verwaltungsreform hätte schon längst in seinem eigenen Zuständigkeitsbereich anfangen können und die Beschaffung von Videogeräten entbürokratisieren können. Die dargestellte Bearbeitungsdauer von 39 Wochen mit insgesamt 53 Beteiligten ist in der Tat wert, als abschreckendes Beispiel in jedes Organisationslehrbuch aufgenommen zu werden.

Aber keine Angst, die SKP wird tätig auf dem Gebiet der Beschaffungen. In wenigen Wochen wird sie dem Senat ein Konzept zur Neuordnung der Beschaffungsaufgaben i.S. einer verstärkten dezentralen Ressourcenverantwortung vorlegen. Dazu gehört dann auch eine Reduzierung des Personalaufwandes in den zentralen Beschaffungsstellen der Ressorts und Ämter.

Noch eine grundsätzliche Anmerkung zum Schluß: Qualität und Preis von Möbeln, Video-Kameras etc müssen in einer vernünftigen Relation stehen. Jeder weiß, daß Preisunterschiede etwas mit Qualität und Sicherstelung von Service zu tun haben. Wenn ich einen Bürostuhl für 400 DM anstatt für 200 DM kaufe, werde ich ihm sieben Jahre komfortabler sitzen, anstatt vier Jahre mit Kreuzschmerzen auf dem Billigstuhl. Rechnen Sie nach, was betriebswirtschaftlich sinnvoller ist.

Henning Lühr, Abteilungsleiter in der SKP