■ Rosi Rolands wahre Geschichten: Kleiner Kleffer wäre gern großer Jäger
Auf der Abteilungsleitersitzung im Bremer Wirtschaftsressort gab es vor zwei Wochen einen richtigen An schiß: Vor den versammelten Spitzen-Herren heizte Senator Claus Jäger dem Leiter „Regionale Wirtschaftsförderung“, Klaus-Wilhelm Timm, ein, wie es unter Herren nicht üblich ist.
Hintergrund: Im absoluten Oster-Nachrichten-Loch bekam der Kollege Lambek vom Weser-Kurier vom statistischen Landesamt zwei Zahlen auf den Tisch: 167 Firmen haben ihren Hauptsitz 1993 aus Bremen wegverlegt, 70 hin. Solche Zahlen sagen eigentlich überhaupt nichts, weil unter „Firmen“ größere Unternehmen sind und Briefkastenfirmen. Schon gar nichts sagen diese Zahlen über das Lieblings-Leid des Wirtschaftssenators, die fehlenden Gewerbeflächen. Denn Büros, die in einem bestehenden Haus einen Raum mieten, sind auch „Firmen“, statistisch gesehen.
Aber was soll's. Kollege Lambek rief den zuständigen Regionalförderer Timm an und verlangte Stellungnahme. Der spulte das ab, was die Behörde als Credo vertritt: Zu wenig Gewerbefläche in Bremen... und merkte dann nur an, daß die Zahlen ohne Angabe der Beitriebsgröße wenig aussagekräftig sind. Der zuständige Gewerbeflächenplaner beim Umwelt senator fügte hinzu, daß 1993 eh nur 8 Hektar verkauft wurden - die Unternehmen stehen derzeit nicht Schlange mit dicken Investitionsetats.
Hat der Wirtschaftssenator also mit seinem Gewerbeflächenstreit jahrelang nur heiße Luft produziert und es gibt keinen Grund, die FDP beim nächsten Mal wiederzuwählen? Das darf natürlich nicht sein und so hat der Senator eine Gelegenheit gesucht, seine Empörung loszuwerden. Die Abteilungsleiter haben die Augen verdreht, sie kennen das Spiel zum Überdruß, daß die politischen Galionsfiguren zum Zwecke der Profilierung Streit vom Zaun brechen, auch wenn in der Sache gerade weitgehende Einigkeit erzielt wurde.
Ganz gewitzt reagierte der Weser-Kurier, als Jäger dort anrief und Satisfaktion verlangte, weil er nicht gefragt worden war. Der Kollege Lambeck berichtete brav auf 40 Zeilen, was ihm Jäger gesagt hatte, versah das aber mit einer vernichtenden Überschrift: „Jäger: Ich kann es auch nicht ändern“. Lies: Jäger , ein kleiner Kleffer.
Dasselbe hatte der Bürgermeister einmal sarkastisch so formuliert: Er, Wedemeier, würde an Jägers Stelle nicht lauthals schlecht über andere reden, sondern selber einmal etwas Gutes tun, über das sich zu reden lohne, auch für Rosi Roland
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