Stadtplanung im Senat blockiert

■ Dauerstreit zwischen Jäger und Fücks / Innenstadtsanierung Dienstag auf der Tagesordnung

Wenn der Senat am kommenden Dienstag über die großen Projekte zur Neugestaltung der Innenstadt beraten wird, werden die Fetzen fliegen. Einen Vorgeschmack des Tons, der dann insbesondere zwischen den verfeindeten Senatoren Ralf Fücks (Stadtentwicklung) und Claus Jäger (Wirtschaft) angeschlagen wird, ist bereits vorab einem Brief zu entnehmen, den Jägers Staatsrat Frank Haller am 14. März an seine Kollegen in den Ressorts Stadtentwicklung, Finanzen, Kultur und Bau verfaßt hat. Als „wahren Neckermann-Katalog ohne zeitliche und inhaltliche Prioritäten“ hat Haller darin bezeichnet, was die Senatoren für Stadtentwicklung und Bau in ihrer Senatsvorlage an Vorschlägen zur Innenstadtsanierung zusammengetragen haben.

Tatsächlich bestehen die beiden gemeinsamen Vorlagen der Ressorts für Bau und Stadtentwicklung vor allem aus einer Aufzählung von insgesamt 79 Projektideen von der Einrichtung eines Personennahverkehrs per Schiff auf der Weser über den Bau einer „Entlastungscity“ im Bahnhofsbereich bis hin zu einem Entwicklungsbereich „Kunst und Kommerz“ in der Balgebrückstraße.

Das meiste davon wird allerdings bewußt als „langfristige Planung“ bezeichnet. Doch genau diese Denkweise bis weit über die laufende Legislaturperiode hinaus, geht dem Wirtschaftssenator furchtbar auf den Wecker. „Die Umsetzung Ihrer Projektliste ist nicht ansatzweise finanzierbar“, schreibt Staatsrat Haller, „solche Mondplanungen können wir der Innenstadt-Wirtschaft nicht anbieten.“

Doch der Wirtschaftssenator hält die langfristige Planung nicht nur für überflüssig, sondern sogar für gefährlich. „Sie würde erneut zu Verunsicherungen der Innenstadtkaufleute führen, die bei einer solchen Unklarheit die notwendigen Investitionen verweigern“, heißt es in dem Haller-Brief. Für den Senat müsse es jetzt vielmehr darum gehen, „schrittweise Projekte zu realisieren, nicht weitere an-, um- und wegzuplanen“.

Das Wirtschaftsressort verweist dagegen auf die von ihm zusammengestellten „Schlüsselprojekte“. Dabei handelt es sich vor allem um die Einrichtung neuer Laden-Passagen im innersten Bereich der Innenstadt. Ergänzt werden sollen sie durch das Großprojekt der Straßenbahnverlegung in die Martinistraße und die Verkehrs-Anbindung der Innestadtparkhäuser durch Straßentunnel.

Diese Verkehrsfrage ist einer der Hauptstreitpunkte zwischen den verfeindeten Senatoren. Schließlich kämpfen Fücks und Bausenatorin Lemke-Schulte noch immer für eine Verkehrsberuhigung der Martinistraße und die Schließung möglichst vieler Innenstadt-Parkhäuser. Hallers Fazit: „Sie haben einfach ihre Aufgabe inhaltlich nicht wahrgenommen. Dieser Mischmasch aus Ideenskizzen, Gutachten, fehlender Verkehrskonzeption und projektverhindernden Beschlußvorschlägen soll als Entwicklungskonzept von uns akzeptiert werden. Das können Sie wirklich nicht erwarten.“

Trotz aller Empörung des Wirtschaftsressorts stehen die Chancen für einen Beschluß der gemeinsamen Vorlagen von Bau- und StadtentwicklungssenatorIn nicht schlecht. Schließlich sind damit zunächst keine größeren Kosten verbunden. Für die Konkretisierung ihrer Planungen schlagen die beiden Ressorts lediglich vor, für 600.000 Mark im Jahr externe Planungsaufträge zu vergeben. Zudem hat der Stadtentwicklungssenator noch in diesem Jahr 1,5 Millionen Mark für eigene Planungen auf der hohen Kante.

Für die konkrete Umsetzung der geplanten Ideen werden dann allerdings Millionenbeträge aus dem Wirtschaftsaktionsprogramm (WAP) benötigt, das dem Wirtschaftssenator untersteht. Und hier liegt auch das Dilemma des Dauerstreits zwischen Fücks und Jäger. Keiner kann seine Ideen ohne den anderen verwirklichen. „Ich kann nur ein direktes Gespräch zwischen den zuständigen Senatoren empfehlen“, heißt es denn auch im letzten Satz des Haller-Briefes. Doch genau das scheint zur Zeit nicht mehr möglich. Ase