: Wenn alle Brünnlein fließen...
■ Vielen Bezirken fehlt Geld zur Betreibung von Brunnen / Der „Wasserklops“ kostet 358.000 Mark / Landowsky will den Bezirken die Kompetenz entziehen
Brunnen an oder aus? Das ist die Frage, die derzeit die hauptstädtischen Gemüter erregt. Den Bezirken steht das Wasser bis zum Hals: „Für die Inbetriebnahme der Brunnen ist einfach kein Geld da“, meint Carla Werkentin (Bündnis 90/Die Grünen), stellvertretende Baustadträtin von Schöneberg. Ebenso arm dran ist Kreuzberg. Deshalb bleiben wohl dort die 14 Brunnen ebenfalls trocken. Auch der Wasserfall am Victoriapark wird nicht sprudeln.
Ähnlich sieht es in Charlottenburg aus. Helmut Heinrich, Stadtrat für Finanzen, ist zwar der Meinung, plätschernde Brunnen in der City seien für das städtische Erscheinungsbild enorm wichtig. Doch „von 26,5 Millionen Mark für den Hochbau sind noch immer 11 Millionen Mark gesperrt“. Würde er alle 15 Brunnen im Bezirk Charlottenburg anschalten, kostete ihn das 1,2 Millionen Mark im Jahr.
Allein der „Wasserklops“ verschlinge 358.000 Mark für Wartung, Wasser und Strom. Heinrich hofft nun auf das Entgegenkommen des Finanzsenators. Der soll zumindest für eine Teilfreigabe der Mittel sorgen. Nur mit einem solchen „City-Zuschlag“ könnte in sechs von fünfzehn Brunnen demnächst das Wasser fließen.
Bei der Vorstellung, daß die Hauptstadtbrunnen im Sommer trocken bleiben könnten, gerät der CDU-Fraktionsvorsitzende Klaus Landowsky in Rage. Die Brunnenfrage sei für ihn eine Frage der „Hauptstadtfähigkeit“, so sein Pressesprecher Markus Kauffmann. Gesperrte Brunnen böten ein „gespenstisches Bild des Verfalls, das wir nicht hinnehmen können“. Um so mehr, wenn „kommunistische Stadträte“ ihre Brunnen laufen lassen. Das sei eine „Kulturschande“.
Wenn die Bezirke nicht zur Besinnung kämen, müsse man ihnen die Kompetenzen entziehen. Landowskys Alternative: „Künstlerisch gestaltete“ Brunnen wie der Wasserklops sollten dem Kultursenator unterstellt, „gemeindienliche Stadtflächen“ wie der Brunnen am Ernst-Reuter-Platz dem Bausenator zugewiesen werden. Ob die CDU-Fraktion hinter den Vorschlägen Landowskys steht, wird sich am 18. April zeigen, wenn sich der Vorstand mit diesem Problem befaßt. Landowsky jedenfalls will das Brunnenthema später auch im Abgeordnetenhaus debattiert sehen.
Doch weder die SPD-Fraktion noch Bündnis 90/Die Grünen haben sich bisher damit auseinandergesetzt. Eine Kompetenzverschiebung weg von den Bezirken stehe für sie jedenfalls nicht zur Debatte. Vorschlag der Grünen: die Kosten für aufwendige „Umplakatierungen“ bei der Aufhebung von Tempo-30-Zonen und Verlegungen von Busspuren könne man sich sparen und mit diesem Geld Brunnen finanzieren, so Michaele Schreyer. Judith Gampl
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