■ Bedrohliche Waffenkrise
: Die rückrufbare Mine

Heutzutage macht man nicht nur Geschäfte mit Waffenlieferungen, sondern vor allem damit, gelieferte Waffen unschädlich zu machen und Waffen aus fremder Produktion mit Hilfe illegaler Ersatzteile einsatzbereit zu halten. Zwischen 80 und 100 Millionen Minen aus italienischer Fabrikation vagabundieren im und um den Persischen Golf herum: auf See, zu Lande, verbuddelt und zwischengelagert. Das Problem ist aber nicht etwa, daß herauskommt, wie geschickt wir sie mal wieder an allen Embargos vorbei in Spannungs- oder Kriegsgebiete geliefert haben, sondern daß sie dort wieder verschwinden sollen. Und natürlich erwarten das alle vom Lieferanten – niemand weiß ja so gut wie er, wie die Dinger funktionieren. Nur gelten Minen leider als um so besser, je schwieriger es ist, sie ohne Detonation wegzuräumen. Künftig wird wohl eine alternative Philosophie in unsere Waffenschmieden einkehren: die rückrufbare Mine. Das ist eine Mine, die unsere Spezialisten ohne Gefahr entschärfen können – aber nur unsere Spezialisten und nicht die anderen. Sonst wird nämlich kein Geschäft für uns daraus.

Das aber ist dringend nötig: Wenn nicht bald wieder ein Eiserner Vorhang fällt, wächst sich die Waffenkrise – allen lokalen Scharmützeln zum Trotz – zur Bedrohung aus. Gigantische Brainstorming-Teams überlegen, wie man die Durststrecke überwinden kann. Einige Mittel haben sie schon ausbaldowert, etwa die illegale Nachproduktion von Ersatzteilen für Kriegsgerät, wenn die Hersteller in Liefernot geraten sind. Wir Italiener bauen ja auch ohne Skrupel popelige Fiat-Ersatzteile in teure Mercedesse ein, wenn Not am Mann ist. Warum sollen wir dann nicht russische oder israelische Panzer, chinesische Kanonen oder japanische Unterseeboote mit plagiierten Ersatzteilen versehen, zumal sich in unseren Magazinen allerhand stapelt, was altert und nicht mehr benötigt wird? Zum Verkauf muß man nur das „Made in“-Schild ändern. Freilich jammert so mancher Kriegsminister in Afrika und Asien bereits darüber, daß man ihm inkompatible Teile angedreht hat. Die Lösung: Zum Ersatzteil braucht er auch noch den Techniker. Und wieder haben wir ein neues Verdienstfeld erschlossen. Gelobt sei der militärisch-industrielle Komplexverstand. Ermanno D'Andrea

Der Autor war zehn Jahre lang zentralafrikanischer

Generalvertreter einer italienischen Minenfabrik