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: Law and order?

Solange die Sozialpolitik nicht wichtiger als die Kriminalpolitik genommen werde, sind Erfolge gegen das Verbrechen nicht zu erreichen. So lautet das Resümee, das Klaus Jünschke und Christoph Meertens nach ausführlicher Auseinandersetzung mit den geplanten Gesetzesverschärfungen im Bereich der Inneren Sicherheit ziehen. Die These ist sicher nicht neu, aber selten so ausführlich begründet worden. Jünschke und Meertens haben sich nicht nur das von der Bonner Regierung geplante „Verbrechensbekämpfungsgesetz 1994“ vorgenommen, sondern auch die von der Sozialdemokratie um die Jahreswende eingebrachten Gesetzesinitiativen „Öffentliche Sicherheit und Schutz vor Kriminalität in Deutschland“ und einen SPD-Entwurf zur verbesserten Strafverfolgung der Organisierten Kriminalität.

Die Politiker der Altparteien begreifen die Kriminalitätsbekämpfung in erster Linie als Aufgabe der Polizeien und der Justiz, die bei einer steigenden Kriminalitätsbelastung mit schärferen Waffen ausgestattet werden müßten. Beispielhaft dafür sind nach Jünschke und Meertens die Pläne, die rechtlich problematische Kronzeugenregelung auf den Bereich der Organisierten Kriminalität auszudehnen, den Großen Lauschangriff und Geheimdienstaktivitäten bei der Verbrechensbekämpfung zuzulassen und mit einer Reihe von Veränderungen im Strafrecht einerseits die Höchststrafen heraufzusetzen und andererseits die Möglichkeiten einer Inhaftnahme von Verdächtigten zu erweitern.

Beide Autoren haben langjährige Erfahrung im Umgang mit der staatlichen Strafverfolgung. Jünschke, ehemaliges Mitglied der Rote Armee Fraktion, saß bis zu seiner Entlassung 1988 sechzehn Jahre in Haft und arbeitet heute als Sozialwissenschaftler. Meertens ist Rechtsanwalt und leitet als Geschäftsführer das Organisationsbüro der Strafverteidigervereinigungen in der Bundesrepublik.

Die Verfasser der diversen Gesetzesinitiativen instrumentalisierten die Furcht vor Kriminalität für Wahlkampfzwecke, heißt eine der wichtigsten Thesen beider Autoren. Im Wahljahr 1994 käme es dagegen vielmehr darauf an, „einer breiten Öffentlichkeit die Wirkungslosigkeit und rechtsstaatliche Fragwürdigkeit der verschiedenen Gesetzesvorhaben ... zu erläutern, damit diese Pläne wirklich Wahlkampfshow bleiben“. Ebenso müßte den „wachsenden Begehrlichkeiten“ der Sicherheitsapparate entgegengetreten werden. Statt dessen müßten sozialpolitische Alternativen entwickelt werden, die etwa „Opfern und Tätern in Fällen der Massenkriminalität Chancen einräumen, den gestörten Rechtsfrieden in kooperativer Weise wieder herzustellen“. wg

Klaus Jünschke, Christoph Meertens: „Risikofaktor Innere Sicherheit“. Knaur-TB, 1994, 352 Seiten, 12,80 Mark