Erfolgreiche Umschulung

■ St. Pauli-Manndecker Manzi Mann des Tages beim 2:1 gegenHannover

Die 20.000 Zuschauenden trauten ihren Augen nicht und applaudierten. Sie kamen sich vor, wie Eltern, deren wenig für Zahlen empfängliches Kind auf einmal mit einer Vier in Mathe nach Hause kommt. Mehrfach durften sie ihren Publikumsliebling Leonardo Manzi mit Szenenapplaus huldigen. Mehr noch: Beim 2:1-Sieg des FC St. Pauli gegen Hannover 96 war es der Brasilianer, der nach einem gelungenen Doppelpaß mit Martin Driller in der 29. Minute die Führung für den Kiezclub erzielte.

Dabei war Manzi schon abgeschrieben beim FC St. Pauli. Sein Wechsel zum Oberligisten TuS Hoisdorf erschien unabwendbar. „Was nützt uns ein Spieler, der erst Leistung zeigt, wenn es um neue Verträge geht“, war von einem St. Pauli-Oberen zu hören. Auch Eichkorn war teilweise verzweifelt über die Leistungen, die Manzi in Punktspielen erbracht hat; beziehungsweise über die Diskrepanz zwischen technischen Fähigkeiten im Training und Stolperei auf dem Platz. Er hatte ein Einsehen und schulte den gelernten Stürmer zum Manndecker um. Mit Erfolg. Gestern lief Manzi für den verletzten Schlindwein auf und bewies sich nicht nur in der Spielzerstörung. Sicher, Manzi ist noch immer kein Freund des kraftvollen Spurtes. Doch im Gegensatz zu Schlindwein, dem in die Jahre gekommenen „Eisen-Dieter“, der zunehmend zu einer Bleiente mutiert, gelang es ihm, durch allerlei „Kabinettstückchen“ (Seppo Eichkorn) auch im Spiel nach vorne Akzente zu setzen.

Unhaltsam war es allemal wie Manzi nach jedem Tritt an des Gegners Schienbein sich selbst erst einmal eine gute Minute schmerzverzerrten Gesichtes über den Rasen kugelte, um den Schiedsrichter anzuzeigen: Der hat mich doch auch getroffen. Zumeist vergebens. Denn: Für beidbeiniges Reingrätschen gibt es auch bei solch schauspielerischen Einlagen eine gelbe Karte.

Ein kleines Jubiläum konnte Bernd Hollerbach in dieser Beziehung feiern: der Außenläufer bekam zum zehnten Mal in dieser Saison die gelbe Karte. Damit darf der Spieler, der in der 46. Minute Martin Driller mustergültig zum 2:0 bediente, im nächsten Spiel in Saarbrücken aussetzen.

Dort kann der FC St. Pauli nun nach 14 Spielen ohne Niederlage unbeschwert aufspielen. Auch wenn die gestrige Leistungen über weite Strecken der 1. Halbzeit und in der Schlußphase der zweiten Spielhälfte – als Theo Gries das 2:1 für Hannover markierte und St. Pauli Chancen reihenweise vergrützte – bestimmt nicht erstligareif war, ist es gelungen, sich in der Spitzengruppe der Zweiten Bundesliga zu etablieren.

Kai Rehländer