Unterm Strich

Stimmen der Toten: Im fortgesetzten Raunen um eine Beatles-Aufnahme, die aus der Stimme von John Lennon und von den anderen, maßgeblich Paul, hinzukomponierter Musik zusammengemischt sein soll, gibt es jetzt einen neuen O-Ton: „Es ist gespenstisch, weil John dabei, und es so eine echte Beatles-Platte geworden ist“, wird Paul McCartney von der britischen „Press Association“ zitiert. Ob die Aufnahme in die Plattenläden kommt, stehe noch nicht fest. Wetten, daß?

Der Anfang des zu erwartenden Endlosbands von O-Tönen zum Tod von Kurt Cobain: die Mutter, in Anspielung auf Hendrix, Morrison etc.: „Jetzt ist er auch in diesen dummen Klub eingetreten“; Ed Rosenblatt von Geffen Records, wo Nirvana unter Vertrag waren: „Die unglaubliche Tragödie von Kurt Cobains Tod hat uns erschüttert. Die Welt hat einen großartigen Künstler verloren, der von allen vermißt wird“; AFP in seinem Feature: „Nirvana galt als Kultgruppe der Jugend, die die von den konservativen US-Präsidenten Ronald Reagan und George Bush gepredigten Werte der Familie ablehnten, und von der Aussicht auf Arbeitslosigkeit geprägt in die Musik flüchtete. Seattle wurde für sie das Mekka, das Liverpool für die Beatles-Generation war. Die Nirvana-Songs handeln von Entfremdung, Gewalt und Drogen“; in der Sonntagsausgabe des Tagesspiegel heißt es, Nirvana habe geliefert, „was das Publikum noch immer wünscht: laute, schmutzige Rockmusik – ein Stück rohes Leben, das die Musiker sich direkt aus ihren zuckenden Leibern gerissen haben“.

Ziemlich unbeachtet von der Öffentlichkeit ist dagegen Lee Brilleaux, Gründer von Dr. Feelgood (sie nannten es damals „Pub-Rock“), im Alter von 41 Jahren gestorben. Dabei waren die Hits auch hier Programm: „Milk and Alcohol“ hieß die bekannteste Single, der sprechendste LP-Titel war „Stupidity“ (1976, kurz vor dem Punk-Sturm, von 0 auf 1 in den britischen Charts). Freund und Manager Chris Fenwick nannte Brilleaux einen „schwer trinkenden und schwer arbeitenden Mann“. Trotzdem kein Rock'n'Roll-Tod, sondern Krebs.

Umwelt-, menschen- und geschichtsfreundlicher soll der Wiederaufbau der Dresdener Frauenkirche vonstatten gehen. Ihm liegt nämlich ein ökologisches Konzept zugrunde: Ein Drittel des Trümmergesteins der Ruine (ca 7.500 Kubikmeter) kann nach jüngsten Untersuchungen quasi recycelt werden – was prompt eine Finanzspritze der Bundesstiftung Umwelt in Höhe von 1,7 Millionen Mark für die weiteren Forschungen eingebracht hat. Nicht recycelt werden kann allerdings bislang der damals verwendete Mörtel, und zwar nicht nur, weil er von zu bröseliger Konsistenz ist, sondern weil dies nach Auskunft von Bauleiter Burger einer „falschen Sanierung“ gleichkäme. Dresden, das damit an vorderster Front für die Um-

welt kämpft, plant auch die Einrichtung eines bundesweit einmaligen Umweltzentrums namens „Haus der Ökokultur“ in einem Dreiseitengehöft aus dem 17. Jahrhundert. Hoffentlich finden dann da keine Mittelalterspektakel drin statt.

Herta Müller hat den Kleist-Preis 94 gekriegt. Offiziell verliehen wird er allerdings erst im Oktober in Frankfurt/Oder. Da tagt dann nämlich die Kleist-Gesellschaft.

Aber man kann sich ja nie zeitig genug rüsten. Schon jetzt werden z.B. in den USA Karten für den neuen Walt-Disney-Film verkauft, der „The Lion King“ heißt, einen niedlichen jungen Löwen zum Helden hat, und sicher auch bei uns im Sommer maskottchen- und merchandisingmäßig die abgeebbte Dinosaurierwelle mit vielfältigen Putzigkeiten ablösen wird. Die Karten für die From Coast to Coast-Eröffnungsgalen in Hollywood (El Capitán Theater) und New York (Radio City Music Hall, jeweils 10 Dollar für Erwachsene und 6 für Kinder) kann man übrigens gebührenfrei telefonisch ordern – sie kommen dann per Post. Mit drin im Preis ist eine zwanzigminütige Live-Show, in der frühere Trickstars wie Cinderella, Pinocchio, Schneewittchen, die kleine Meerjungfrau und Alladin Lieder singen werden. Konkurrenz droht dem „Lion King“ bloß noch durch eine Sommerwesternwelle mit Kevin Costner und Mel Gibson als „Maverick“ bzw. „Wyatt Earp“.