Kurden-Prozeß unter starkem Polizeischutz

■ Dienstag beginnt Verhandlung

München (AFP) – Unter starken Sicherheitsvorkehrungen beginnt am Dienstag vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht der Prozeß gegen dreizehn Kurden, die im vergangenen Juni das türkische Generalkonsulat in München besetzt hatten. Nach Informationen des Münchener Polizeipräsidiums wird im Umfeld der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) „massiv zur Teilnahme an Protestaktionen“ gegen den Prozeß aufgerufen. Der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) hat bei der Stadt München beantragt, die Proteste verbieten zu lassen. Neben bayerischen Polizeieinheiten sollen auch Beamte des Bundesgrenzschutzes (BGS) und Einheiten aus Nordrhein- Westfalen und Baden-Württemberg den Beginn der Verhandlung überwachen.

Der Generalbundesanwalt legt den dreizehn Angeklagten im Alter zwischen 20 und 33 Jahren gemeinschaftliche Geiselnahme und Nötigung eines Verfassungsorgans zur Last. Laut Anklage drangen die Männer, zwölf türkische Staatsangehörige und ein staatenloser gebürtiger Libanese, am 24. Juni bewaffnet in das Generalkonsulat im Münchner Stadtteil Nymphenburg ein und nahmen 21 Geiseln. Anschließend forderten sie Bundeskanzler Helmut Kohl auf, in einer Fernseherklärung die Einstellung deutscher Militärhilfe an die Türkei zu verkünden. Kohl sollte außerdem für Kontakte zwischen der türkischen Armee und den kämpfenden Kurden sorgen, „um diesen Krieg zu beenden“, forderten die Besetzer. Sie drohten, andernfalls das Gebäude zu sprengen.

Nach Verhandlungen mit dem Staatsminister im Bundeskanzleramt, Bernd Schmidbauer, gaben die Männer nach fast 15stündiger Besetzung am späten Abend auf. Alle Geiseln kamen unverletzt frei. Nach Angaben des bayerischen Innenministeriums fanden sich bei der Festnahme der Männern weder Sprengstoff noch Mittel zur Brandlegung. Am selben Tag hatten Kurden in verschiedenen europäischen Ländern Anschläge auf türkische Einrichtungen verübt. Sie rechtfertigten ihre Aktionen damit, daß die Öffentlichkeit zu der Räumung kurdischer Dörfer und der Repression gegen Kurden in der Türkei schweige. Dies verstärke die Gewalt des türkischen Staates.

Der Prozeß ist mit 45 Verhandlungstagen zunächst bis zum 29. September angesetzt.