Rolls Royce mit Beule

■ Wie eine Beule in eine Nobelkarosse kam oder auch nicht

Da hat er sich etwas einfallen lassen: Vor der jungen Amtsrichterin sitzt ein Mittvierziger, der behauptet, sein Rolls Royce habe eine dicke Beule. Das teure Gefährt sei völlig verunziert und nahezu wertlos, weil ein Fernfahrer ihm im März vergangenen Jahres mit einem Schwerlaster hinten auf die schillernde Stoßstange gefahren sei.

Bodo K., der Angeklagte, war gerade auf dem Weg zum Autoradiodienst, um einen Wackelkontakt an der Musikanlage des Rolls Royce in Ordnung bringen zu lassen. Mitten auf der Ost-West-Straße krachte es plötzlich. Der pfiffige 42jährige stellte der gegnerischen KFZ-Versicherung 27.400 Mark Schadensersatz in Rechnung. Die schluckte, befand die Summe für zu hoch und schaltete mehrere Sachverständige ein. Schließlich landete die Sache vor dem Kadi.

„Versuchter Betrug“, meint der Staatsanwalt. Der Rolls Royce sei entweder vorher schon verbeult gewesen oder nach dem Unfall mutwillig ramponiert worden, so die Ermittlungen.

Die junge Richterin möchte wissen, was K. zu den Vorwürfen anzumerken habe. „Na, das weise ich doch alles total von mir“, gibt der unwirsch zurück, der Rolls sei vor dem Unfall prima in Schuß gewesen. Er habe ihn direkt danach in eine Tiefgarage gebracht und nicht mehr angerührt. Bodo K. gibt als Beruf Autohändler und als Monatsverdienst drei- bis viertausend Mark brutto an. Allzu lukrativ scheint der Deal mit den Hoch-glanzkarossen im Augenblick nicht zu sein. „Die Zeiten sind nicht danach“, murrt der Angeklagte, dessen braungeblümte Krawatte nicht recht zu dem schlechtsitzenden grauen Anzug passen will.

Der Mann ist mit etwa zehntausend Mark verschuldet und hat laut Vorstrafenregister gelegentlich mit Diebstahl, Steuerhinterziehung und Betäubungsmitteldelikten versucht, auf einen grünen Zweig zu kommen. Der Verlauf des Prozesses zeigt: Der Fall ist äußerst strittig und der tatsächliche Schaden an dem 280.000 Mark teuren Nobelauto schwer nachzuweisen. Fünf Sachverständige und Zeugen können da auch nicht weiterhelfen.

Da die Versicherung des LKW-Fahrers gerade versucht, auf zivilrechtlichem Wege mit dem Angeklagten ins Reine zu kommen, wurde ein weiterer Gutachter eingeschaltet. Sämtliche Unterlagen sind zu seiner Kenntnisnahme auf dem Weg nach Berlin. Vielleicht kann der zur Klärung der Sache beitragen, hofft die junge Richterin und setzt das Verfahren aus, bis das zivilgerichtliche Urteil ergangen ist. So verläßt der KFZ-Händler den Saal als ehrenwerter Mann – jedenfalls vorläufig.. Paula Roosen