piwik no script img

Also nicht die ganz extrem großen

■ Uwe Matthiesen vom Sexshop „Las Vegas“ über Gummipuppen fürs Leben und unverkäufliche Stoßvibratoren

Was ist denn so der Renner bei Ihnen im Laden?

Das kann man gar nicht sagen. Es geht eigentlich alles. Videos, Hilfsmittel, Magazine vor allem...

Hilfsmittel? Was kaufen da die Leute am liebsten?

Ganz klar die Vibratoren.

Wie viele haben Sie im Sortiment?

Etwa 40 bis 45 verschiedene.

Eine ganz schöne Menge.

Ach, es gäbe noch viel mehr. Sehen Sie mal hier im Katalog: Insgesamt sind das bestimmt hundert Modelle in allen Formen und Farben, oder diese künstlichen Muschis da, auch in allen Variationen.

Tragen die einen erheblichen Teil zum Umsatz bei?

Nein, kein Vergleich mit den Vibratoren. Und bei denen wiederum sind es haupsächlich die mittleren Größen, die gerne gekauft werden. Also nicht die ganz extrem großen.

Das ist ja irgendwie beruhigend. Kommen denn Kunden, die von vorneherein einen Vibrator von sagen wir 52 Zentimetern haben wollen?

Nein. Die kommen rein, ich zeig ihnen, was wir haben, aber vor den extremen Dingern schrecken die doch meist zurück.

Kommen auch Frauen zu Ihnen in den Laden?

Ja, durchaus. Das werden, ich schätze mal, so zehn bis fünfzehn Prozent sein, auch ältere Damen dabei, auch Pärchen. Es gibt aber schon auch die Frauen, die ihre Männer losschicken, weil sie sich selber nicht reintrauen.

Kommt es auch vor, daß Sie mal auf einem Artikel sitzenbleiben, weil der Kunde ihn ablehnt?

Das kann schon passieren. Wir hatten da mal probeweise einen Stoßvibrator...

Was ist das denn?

Das ist ein Vibrator, der nicht nur vibriert, sondern sich richtig vor und zurück bewegt. Der war aber den meisten Leuten zu laut, weil da natürlich ein größerer Motor drin ist. Die sagten: Mensch, das Ding hört man ja noch in der Nachbarwohnung. Sowas hätten wir höchstens auf dem Land verkaufen können.

Gäbe es denn auch schon Stoßvibratoren, die leise arbeiten?

Meines Wissens nicht. Das Problem ist noch ungelöst.

Eine Aufgabe für Erfinder. Spielen die eine Rolle in Ihrer Branche?

Kaum. Gut, es kommt schon ab und zu was Neues, aber das sind meist nur Variationen von bewährten Sachen. Im Grunde ist schon alles da; es gibt ja bereits tausende von Artikeln.

Kriegt man bei Ihnen alles?

Nee, Wäsche haben wir rausgenommen, da ist der Aufwand zu groß mit all den Größen, und zweimal im Jahr kommen auch noch neue Kollektionen raus. Das machen wir nicht mehr, man kriegt das ja auch schon in jedem Kaufhaus.

Wie stellen Sie Ihr Sortiment zusammen? Wo haben Sie Ihre Quellen?

Da gibt es ein paar wenige Großhändler. Manches beziehen wir aber auch von kleineren Firmen. Die Lederartikel zum Beispiel kommen alle aus Holland, die sind da am günstigsten. Bei den Filmen ist es schwieriger, da gibt es ja mittlerweile einige hundert Firmen allein in Deutschland, und manchmal bieten mir sogar ganz normale Privatleute hier aus Bremen so selbstgedrehte Videos an.

Und? Können Sie die verkaufen?

Vereinzelt. Es gibt Kunden, die wollen gerade das. Aber den meisten reicht die Qualität einfach nicht, so mit der Handkamera in der Kellerbar.

Finden Sie, daß sich was getan hat bei den Sexfilmen? Sind die besser geworden?

Doch, ja. Es gibt immer wieder die kleinen Klitschen, die so billiges Zeug machen, aber die gehen auch in der Regel bald wieder ein. Die paar großen, die sich halten, die können sich auch sehen lassen.

Gibt es da sowas wie Moden?

Na ja, vor ein, zwei Jahren noch waren eher die härteren Gangarten gefragt, und die Hersteller haben alle darauf reagiert. Da kamen dann jede Menge Filme raus mit Klistieren und Anpinkeln und solchen Sachen, aber das hat sich nicht gehalten, das kriegt man vielleicht doch im Lauf der Zeit über. Jetzt wollen die Leute wieder eher was mit'm bißchen Handlung und mit schönen Modellen, aber nicht mehr dieses Extreme.

Wie entscheiden Sie denn, welche Filme bei Ihnen ins Sortiment kommen? Sehen Sie sich die alle vorher an?

Um Gotteswillen, das wäre ja kaum mehr möglich bei der Unzahl von Filmen, die jede Woche herauskommen...Nein, ich verlaß mich da auf meine Erfahrungen mit den Herstellern. Aber auch sonst: Ich habe, glaub ich, den letzten Sexfilm vor zwei, drei Jahren gesehen. Da geht es mir nicht anders als dem Konditor, der irgendwann mal keine Torten mehr sehen kann.

Es gibt ja Ihren Laden auch schon ziemlich lange.

Ja, seit 1969, wir sind das älteste Fachgeschäft für Ehehygiene in Bremen.

Gab es in dem Zeitraum nennenswerte Veränderungen im Design der Sexartikel? Oder sehen zum Beispiel diese Gummipuppen immer noch aus wie vor zwanzig Jahren?

Das kommt drauf an. Die preiswerteren Modelle sind immer noch recht primitiv gestaltet, die sind ja auch nach zwei- oder dreimaligem Gebrauch oft schon kaputt. Aber es gibt auch richtig gute Versionen, so um die tausend Mark, mit Echthaar und Schlafaugen. Und in allen Stellungen. Super gemacht.

Haben Sie viele Stammkunden?

Ja, schon. Man lernt sich natürlich kennen mit der Zeit. Da weiß man dann: Der will nur Busenfilme, und dieser nur Filme mit jungen Mädchen ohne Männer.

Gibt es auch richtige Sexshopkarrieren, also Leute, die mit harmlosen Magazinen anfangen und dann die Dosis erhöhen?

Das gibt es immer mal wieder, daß die bald bei den härteren Sachen landen. Aber man kann das überhaupt nicht generalisieren.

Müssen Sie viele Beratungsgespräche führen?

Bei den Jüngeren nicht. Die kommen rein und wissen, was sie wollen. Aber die älteren Kunden sind schon oft unsicher und wollen wissen, wie dieses wirkt und ob man das noch anwenden kann. Da helfe ich.

Ist das nicht oft auch eine richtige Lebenshilfe?

Es gibt schon auch Stammkunden, die sich mal richtig ausschütten müssen, das ist wahr. Das ist ja hier auch eine etwas intimere Situation.

Kriegen Sie Ihren Laden auch mal über?

Ach nein, ich bin eigentlich schon zufrieden. Aber zuhause guck ich nur Naturfilme.

Fragen: Manfred Dworschak

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen