„Reichswerke Göring“

■ Neue Gedenkstätte bei Salzgitter

Salzgitter Der Name Salzgitter-Drütte ist vielen Menschen in Polen, Frankreich, der ehemaligen Sowjetunion und Tschechoslowakei, aber auch in den Niederlanden und Dänemark unvergeßlich. Im Oktober 1942 wurde dort ein Konzentrationslager (KZ) als eines der ersten und größten Außenkommandos des Konzentrationslagers Neuengamme bei Hamburg eingerichtet. Gestern ist dort eine Gedenkstätte eröffnet worden.

HistorikerInnen gehen davon aus, daß mehr als 4.000 Menschen in den damaligen „Reichswerken Hermann Göring“ starben – davon viele im KZ Drütte. Namentlich bekannt sind nur 630 der Todesopfer aus Drütte.

Eine Rechnung der NationalsozialistInnen macht deutlich, was ihnen ein Menschenleben wert war: Bei einer durchschnittlichen Lebensdauer von neun Monaten, einer Verleihgebühr von täglich sechs Reichsmark abzüglich 60 Pfennig Ernährung und 10 Pfennig Bekleidungsgeld, kalkulierte die SS mit 1.431 Mark Erlös pro Häftling. Hinzu kamen 200 Mark „Erlös aus rationeller Verwertung der Leiche“.

Am Konzentrationslager Drütte wird der Wandel im KZ-System deutlich. Mit der Gründung der „Hermann-Göring-Stadt“, dem heutigen Salzgitter, und den gleichnamigen Reichswerken wollten die Nazis ihre Autarkiepläne verwirklichen. Mit der rücksichtslosen Ausnutzung der Arbeitskräfte wurde in kürzester Zeit die Verhüttung des eher wertlosen sauren Salzgitter-Erzes vorangetrieben. Um die Produktion zu steigern, gingen die SS und die Industrie einen Sklavenhandel ein.

Insbesondere das Buch „Zwangsarbeit im Stahlkonzern“ des Historikers Gerd Wysocki hat Anfang der achtziger Jahre die Diskussion über die Nazi-Vergangenheit Salzgitters in Gang gebracht. Der Plan, eine Gedenkstätte in den Räumen unter der Hochstraße in Drütte einzurichten, stieß vor allem bei der Salzgitter AG, der heutigen Preussag AG, auf wenig Gegenliebe. Erst vor zwei Jahren gab der Konzern die bis dahin als Lager und Garage dienenden Räume frei. Mit finanzieller Unterstützung der Landesregierung und der Stadt richtete der Arbeitskreis Stadtgeschichte die erste Gedenkstätte in einem westdeutschen Betrieb ein. dpa