Fußball für die Fans des Führers Von Mathias Bröckers

Hat sich doch der englische Fußballverband herausgenommen, das Länderspiel zum Führergeburtstag im Olympiastadion Berlin abzusagen – der Berliner Fußballfunktionär, der im Fernsehen sein „Entsetzen“ über diese Entscheidung bekundete, konnte die Welt nicht mehr verstehen. Dabei hatte sich Berlin doch mit allen Sicherheitsgarantien als Austragungsort zur Verfügung gestellt, als Hamburg das Spektakel wegen der zu erwartenden Randale absagte. Nun hätte ich persönlich gar nichts dagegen, wenn sich englische Hooligans und deutsche Neonazis im Vollrausch gegenseitig die Hohlschädel einschlagen – solche „Nationalspiele“ könnten ja gar nicht oft genug stattfinden –, nur geht es dabei nicht um Fußball, und deshalb ist die Absage völlig in Ordnung. Mit „Kneifen“ vor den Rechten, wie die Bild-Zeitung tönt, hat das nichts zu tun – genausowenig wie die Absage der Fotoausstellung, die den Helden Adolf aus der Perspektive seines Hoffotografen zeigt. Derlei Zuspitzungen sind einfach überflüssig in einer Zeit, wo nationales Dumpftum und alte Führerherrlichkeit ohnehin an allen Ecken der Kloake entsteigen, von der Müllkippe der Geschichte direktemang ins Welt- Feuilleton. Warum dort noch niemand Israel als Ersatzgegner ins Spiel gebracht hat, wundert eigentlich – es wäre doch im Rahmen der Meinungsfreiheit voll gedeckt.

Soviel dafür spricht, Normalität zu simulieren und Veranstaltungen wie ein harmloses Fußballspiel mit starker Hand durchzuziehen – im Medienzeitalter geht diese Rechnung nicht mehr so leicht auf. Zumal, wenn das „Nationale Infotelefon“ die braunen Sympathisanten schon zu einem „Geburtstagsständchen“ geladen hat. Daß irgendwelche durchgeknallten Führer-Fans mehr oder weniger heimlich Geburtstags-Aufzüge veranstalten, wird sich wohl nie verhindern lassen, eine internationale Medienbühne muß man dafür aber nicht zur Verfügung stellen. Es sei denn, man benutzte diesen Köder, um ihnen vor den Augen der Weltöffentlichkeit einmal höllisch eins auf die Mütze zu geben – aber mit derart medienwirksamer Polizeitaktik (und aktiver Außenpolitik) ist nicht zu rechnen. Statt dessen schließt der Regierende Diepgen lieber Verträge ab, nach denen ich mich als Berliner jetzt dem himmlischen Friedens-Kommando in Peking partnerstädtisch verbunden fühlen darf – „aus wirtschaftlichen Gründen“, weil's in Berlin Zukunftsarbeitsplätze sichert. Wen interessiert da noch das Massakerchen von vorgestern...

Auch der Hitler-Geburtstag hat jahrzehntelang niemanden interessiert, neuerdings ticken die Uhren in Deutschland jedoch anders. In Fußballarenen wird statt „Schiedsrichter, Telefon!“ eher „Ausländer raus!“ skandiert, nicht immer, aber immer öfter, wie zuletzt beim Spiel Frankfurt gegen Salzburg, als jede Ballberührung des Ghanaers Yeboah von Buhrufen begleitet war. Auch wenn es die Aufgabe von Großveranstaltungen wie Länderspielen ist, Nationalismus in Folklore, brutalen Krieg in fairen Wettkampf zu verwandeln – wenn kriegerische Parolen und brutales Gehabe die Überhand gewinnen, ist's nichts mehr mit unpolitischem Gekicke. Wenn also am 20. April ein „Triumph des Willens“ im Olympiastadion wiederholt werden soll, dann allenfalls die Masturbations- Meisterschaften zwischen Reps und DVU.