Kultur im Nebelreich

■ Sparquoten beim Investitionshaushalt klar / Keiner weiß Bescheid

Ist die Filmstadt Hamburg auf dem Weg in die Wüste? Auch nach der gestrigen Bekanntgabe der Kürzungen im Bereich der Investitionsmittel für 1994 durch Finanzsenator Ortwin Runde ist diese Frage noch nicht zu beantworten. Zu den insgesamt 221,8 Millionen, die im Investitionshaushalt eingespart werden sollen, muß die Kulturbehörde 4,963 Millionen beisteuern.

Die Kunsthalle bekommt 300.000 Mark weniger für den Ankauf neuer Exponate, die Fassade des Museums für Kunst und Gewerbe muß noch ein Weilchen bröckeln, die Öffentlichen Bücherhallen müssen auf Umbaumaßnahmen in Höhe von 150.000 Mark und die Staats- und Privattheater im Anschaffungsbereich auf insgesamt 858.000 Mark verzichten.

Bemerkenswert ist, daß der Bau der Kunstinsel durch Einsparungen von einer Million „gestreckt“ werden soll, während doch heute jedes Milchmädchen weiß, daß jede Verlängerung eines Neubaus auch zur Verteuerung desselben führt.

Doch das ist nicht der einzige Punkt, der im Streichkonzert für Verwirrung sorgt. Für die kulturelle Filmförderung durch das Hamburger Filmbüro sieht der Haushaltsentwurf 1994, über den die Bürgerschaft Ende April zu entscheiden hat, nun eine Kürzung um eine Million vor. Die soll im Bereich der sogenannten Verpflichtungsermächtigungen gespart werden. Eine Verpflichtungsermächtigung (VE) ist ein haushaltstechnischer Vorgriff auf das Budget des kommenden Jahres. So werden Fördermittel für Filmprojekte vergeben, die dann aber erst im darauf folgenden Jahr abgerufen und ausgezahlt werden. Sollte das Filmbüro 1994 zunächst 5,9 Millionen Mark VEs erhalten, so kann es nun also nur noch mit 4,9 Millionen rechnen. Da aber selbst in der Kulturbehörde gestern niemand sagen konnte, wieviel von den Kassenmitteln in Höhe von 7,9 Millionen Mark schon im vergangenen Jahr als VE vergeben wurden, ist völlig unklar, wieviel Geld nun in diesem Jahr tatsächlich zur Verfügung steht. Zudem ist die Höhe der Fördersummen in jedem Jahr unterschiedlich, weil die Bedarfe für Filmproduktionen eben nicht planwirtschaftlich festzulegen sind.

Nicht viel besser sieht es im Bereich der wirtschaftlichen Filmförderung durch die Wirtschaftsbehörde (Filmfonds) aus. Hier sollen die ominösen VEs um 3,2 Millionen Mark gekürzt werden, doch selbst für Filmfonds-Geschäftsführer Michael Eckelt sind solche Zahlen dringend interpretationsbe-dürftig, denn nicht mal er könne sagen, welche Auswirkungen im Budget aus diesen Kürzungen entstünden. Fest steht allerdings, daß bereits die erste Gremiumssitzung des Filmfonds in diesem Jahr, die über Projektanträge entscheiden sollte, abgesagt wurde, weil in der unklaren Situation kein Cash vorhanden ist. Hark Bohm wollte eigentlich mit Hilfe des Filmfonds im Juni mit den Dreharbeiten zu seinem neuen Film beginnen - nun holt er sich das Geld dafür vielleicht in Nordrhein-Westfalen und dreht in Bottrop. J. Kossmann