Mord oder Selbstmord?

■ Prozeß gegen einen Mann, dessen Familie nur durch Zufall noch lebt

Ob er naiv war oder betrunken und was er tatsächlich im Sinn hatte, wird dem 42jährigen Mechaniker aus Polen nur schwer nachzuweisen sein. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann vor, er habe im August 1993 versucht, seine Frau und seinen kleinen Sohn in die Luft zu sprengen. Er habe ein Ventil der Gasleitung geöffnet, seine Frau sollte nach Betreten der Wohnung durch das Anzünden einer Zigarette die Explosion auslösen. Gestern begann vor dem Landgericht der Prozeß gegen den Mechaniker.

Der Angeklagte räumt ein, er habe tatsächlich jemanden töten wollen: sich selbst. „Es war ein schlechter Tag“, erinnert er sich. Seine Frau wollte sich scheiden lassen und obendrein hatte die Polizei dem Mann in der Nacht zuvor den Führerschein abgenommen. „Ich habe alles verloren“, faßt der 42jährige seine Grundstimmung am Tattag zusammen. „Erst mein Haus und meine Werkstatt in Polen, dann ging die erste Ehe in die Brüche, nun sollte ich ohne Führerschein arbeitslos werden, und die nächste Frau wollte mich allein lassen.“ Er habe viel getrunken und den Gashahn aufgedreht. In seiner Erinnerung will er sich dann auf das Sofa gelegt haben, um zu sterben. „Wenn Uschi nach Hause kommt, wollte ich tot sein.“

Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft soll der schwermütige Mechaniker das Haus in Langenhorn jedoch verlassen haben. Hätte die Ehefrau nicht beim Aufschließen der Haustür den Geruch des ausströmenden Gases bemerkt, hätte es eine Katastrophe gegeben. Der schmächtige Mann mit dem Schnauzbart, dem es schon fast gelungen war, im Westen Fuß zu fassen, soll schon einmal versucht haben, seine Familie mit Autoabgasen zu vergiften. Auch das bestreitet er ohne viel Nachdruck, als ob die Anschuldigungen ihn gar nicht erreichen. „Ich wollte Schluß machen“, so seine monotone Antwort auf diverse Fragen.

Der Prozeß wird fortgesetzt.

Paula Roosen