Dem Süden ein großes Stück vom Kuchen

■ Gatt-Gipfel in Marrakesch eröffnet

Marrakesch (taz) – Zum Auftakt des Gatt-Gipfels in Marrakesch kritisierten gestern Umwelt- und Drittweltorganisationen die Auswirkungen des Uruguay-Abkommens zur Handelsliberalisierung auf viele Staaten des Südens und die Umwelt. Bis Freitag wollen Regierungsvertreter aus 122 Ländern in Marrakesch das Abkommen sowie ein Gründungsdokument für eine neue „Welthandelsorganisation“ (WTO) unterzeichnen. In einer zum Gipfel vorgelegten Studie „Die Armen werden ärmer“ weist die britische Entwicklungsorganisation „Christian Aid“ nach, daß das Gatt-Abkommen vor allem den Staaten Afrikas und der Karibik schlechtere Handelsbedingungen und wachsende Kosten für die Ernährung der eigenen Bevölkerung bescheren wird.

Zudem würden die wirtschaftlichen Vorteile, die die 46 Staaten Asiens, Afrikas und der Karibik (AKP) bislang aus den „Lomé“- Verträgen mit der EU ziehen, durch das Gatt-Abkommen „unterminiert“. „Christian Aid“ fordert Kompensation durch zusätzliche Hilfen, einen Schuldenerlaß und die Einräumung von Handelspräferenzen durch die Industriestaaten. Vor allem letztere Forderung wird von diesen jedoch unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des neuen Gatt- Abkommens abgelehnt. In seiner Rede zur Eröffnung des Gipfels, in der er sich ansonsten politischer Bemerkungen enthielt, formulierte der marokkanische Kronprinz Sid die Erwartung, „daß die Industriestaaten den Entwicklungsländern jetzt besseren Zugang zu ihren Märkten gewähren“.

Greenpeace und der World Wildlife Fund for Nature (WWF) forderten gestern, daß auch die Parlamente und die Bevölkerung in den 122 Gatt-Mitgliedstaaten über die Annahme des Gatt-Abkommens und die Kompetenzfestlegung für die neue „Welthandelsorganisation“ diskutieren und entscheiden sollten. Nur so sei die Berücksichtigung des Zusammenhangs von Handel und Umwelt sicherzustellen. Andreas Zumach